Junge polnische Wähler: "Wir müssen uns nicht schämen"

Vor allem die hohe Wahlbeteiligung junger polnischer Wähler hat den Kaczynskis den Garaus gemacht. Was erhofft sich die nachwachsende Generation von dem Ergebnis? Ein Anruf in Krakau

Wechsel in Polen. Die jungen Wähler freuen sich. Und warten auf Taten. Bild: reuters

taz: Die Wahl ist vorbei, ihr seid die Kaczynskis los.

Przemyslaw Tymczyszyn: Und da sind wir froh drüber! Das Wahlergebnis wurde positiv aufgenommen.

Wie sah das aus? Gab es Feiern oder andere öffentliche Ausbrüche der Freude?

Ehrlich gesagt: Auf den Straßen war nichts zu sehen. Niemand verfällt hier in Hurra-Optimismus, die Leute warten ab. Sie warten auf Taten. Die neue Regierung muss in der Praxis beweisen, dass sie die bessere ist.

Woher kommt diese Zurückhaltung?

Die große Zurückhaltung ist eher der große Realismus. Schon vor zwei Jahren hatte man uns erzählt, dass jetzt alles toll wird. Stattdessen jagte eine Affäre die nächste. Es ist nur natürlich, dass wir jetzt erst mal abwarten wollen, ob die Dinge besser werden oder ob wir dieselben Geschichten noch mal erleben, nur mit anderen Protagonisten in den Hauptrollen.

Wie siehst du die Chancen, dass die neue Regierung einen guten Job machen wird?

Nicht schlecht, würde ich sagen. Die Politik wird schon deswegen eine andere sein, weil jetzt nicht mehr zwei Brüder in der Regierung sitzen, die so offensichtlich auf die absolute Macht aus sind.

Hast du denn die Kaczynski-Politik als Student persönlich zu spüren bekommen?

Nein. Ich denke nicht, dass sich die Warschauer Politik spürbar auf den Alltag in Krakau oder sonst wo niederschlägt. Aus dieser Perspektive betrachtet muss man sagen: Die Regierung Kaczynski hat nicht gestört. Aber sie hat eben auch nicht geholfen. Sie hat genervt.

Polens Image im Ausland wurde durch die Kaczynskis ramponiert. Hattest du das Gefühl, dich auf Reisen für Polen schämen zu müssen?

Niemals. Wir haben nichts, wofür wir uns schämen sollten. Wie Polen im Ausland rezipiert wurde und wie Polen wirklich ist, dazwischen liegen Welten. In meinen Augen ist mein Land angenehm und dynamisch und einen Besuch wert. Im Übrigen glaube ich, dass der Premier es wohl nur gut gemeint hat mit seinem Beharren auf polnische Rechte, so als Patriot. Nur dass das auf der internationalen Bühne einen miserablen Eindruck machte.

Sieht die polnische Bevölkerung deiner Meinung nach Deutschland in demselben finsteren Licht, wie es die Gebrüder Kaczynski tun?

Da muss man unterscheiden: Die Alten haben die Kriegserinnerungen noch im Blut, und Polen war nun mal nicht der Aggressor. Die jungen Menschen haben keine Ressentiments. Aber das heißt nicht, dass wir alles, was Frau Merkel sagt, für die Wahrheit halten.

Werden die deutsch-polnischen Beziehungen nun wieder besser?

Das ist zu hoffen.

Wie hast du den Wahlabend verbracht?

Ich saß mit meiner WG vorm Fernseher und hab die Ticker im Internet verfolgt. Eine nervenaufreibende Angelegenheit.

Und dennoch Verzicht aufs Korkenknallen danach?

Es wäre bestimmt laut geworden in der Öffentlichkeit, hätte die PiS schon wieder gewonnen. Doch nun üben wir uns in stiller Zufriedenheit und warten auf die Folgen dieses Wahlausgangs.

INTERVIEW: JOANNA ITZEK

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