„Jumanji: The Next Level“ kommt ins Kino: Gamer wollen immer zurück
Im Spielfilm „Jumanji: The Next Level“ lockt ein Computerspiel erneut seine Mitspieler, ihre Identitäten zu wechseln. Das geht nicht immer gut.
Die Idee ist schon mal sehr schön. Ein Spiel, das seine Mitspieler in seine eigene Welt entführt und auf Gedeih und Verderb den dort geltenden Spielregeln unterwirft. Das durfte 1995, im ersten „Jumanji“-Film, noch ein altmodisches Brettspiel sein, in der Fortsetzung „Jumanji: „Welcome to the Jungle“ vor zwei Jahren machte der Regisseur Jake Kasdan daraus ein Computerspiel.
Wobei das Prinzip immer gleich bleibt: Das Spiel Jumanji hat eine Art verführerische Ausstrahlung, lockt, nachdem es jahrelang unbemerkt irgendwo herumgelegen hat, nichtsahnende Menschen mit tribalistischem Getrommel an – wie es das macht, ist egal, der Soundtrack des Films kann das einfach – und „saugt“ die Teilnehmer plötzlich ein. Auch im aktuellen Film „Jumanji: The Next Level“ ist das nicht anders.
Seit der Computerspiel-Variante der ersten Fortsetzung von 2017 gibt es dazu die hübsche Erweiterung, dass die Filmfiguren sich im Spiel ihre Avatare suchen können. Wie in einem echten digitalen Rollenspiel eben. Mit den dazugehörigen Verfremdungseffekten, dass sich eine schlanke Jugendliche unversehens in der Gestalt eines dicken Mannes (Jack Black) wiederfindet oder ein schlaksiger weißer Jugendlicher fortan als muskulöser Afroamerikaner (Dwayne Johnson) auf Abenteuer geht.
Daraus entstand in „Jumanji: „Welcome to the Jungle“ ein Spiel mit Identitäten, das sein albernes Potenzial für Situationskomik gut zu nutzen wusste.
Jake Kasdan bleibt auch diesmal bei der Erfolgsformel von 2017 und schließt in der jüngsten Fortsetzung direkt an die Handlung des vorangegangenen Films an. „Jumanji: The Next Level“ fügt dem Spiel zugleich, wie der Titel andeutet, eine Reihe an neuen Varianten hinzu. Dieses „Level“ des Spiels kennt denn auch nicht allein den Dschungel als Szenerie, sondern wechselt regelmäßig die Landschaften bis hin in den schneebedeckten Norden.
In die virtuelle Welt hinein
Zunächst aber müssen die Spieler alle erst einmal in diese virtuelle Welt hinein. Zu Beginn der Handlung sind die Freunde Spencer, Martha, Fridge und Bethany für die Weihnachtstage im heimischen New Hampshire versammelt, wollen sich eigentlich bloß mal wieder sehen, nachdem alle zum Studium in verschiedene Städte gezogen sind.
Empfohlener externer Inhalt
Trailer „Jumanji: The Next Level“
Einzig Spencer (neurotisch-blass: Alex Wolff) kommt nicht zum vereinbarten Treffen. Im Keller seines Elternhauses finden die beunruhigten Freunde dann die von Spencer reaktivierte Jumanji-Spielkonsole, begreifen die Lage und beschließen, ihm hinterherzufolgen, um ihn wieder aus dem Spiel rauszuholen.
Als kleine Variation sind zudem zwei ebenfalls in Spencers Elternhaus anwesende ältere Herren mit ins Spiel geraten, Spencers Großvater Ed (kratzbürstig: Danny DeVito) und dessen mit ihm zerstrittener Freund Milo (versöhnlich-mild: Danny Glover). Der Nachteil daran ist, dass beide ihre altersbedingten Schwächen – Bockigkeit beziehungsweise große Langsamkeit – auch in ihren neuen Körpern zum Nachteil des Spielverlaufs beibehalten haben.
Eine Fehlbesetzung
Ed ist jetzt der muskelbepackte Anführer Dr. Smolder Bravestone, verkörpert von Dwayne Johnson, Milo hingegen ist der Zoologe Franklin „Mouse“ Finbar (schlagfertig: Kevin Hart). Wo der eine verantwortungsbewusste Führungsstärke zeigen muss und der andere großes Reaktionsvermögen, um vor den zahlreichen Gefahren der Tierwelt zu warnen, erweisen sich beide Herren als Fehlbesetzung.
Denn in Jumanji kann man sterben. Drei Leben hat man im Spiel, wenn man sie alle verloren hat, ist man auch im „echten“ Leben tot. Ed und Milo werden so zunehmend zur Gefahr für die Gruppe – und für das Abenteuer, das sie bestehen müssen, um wieder aus dem Spiel heraus zu gelangen.
Während bei „Jumanji: „Welcome to the Jungle“ noch das Ausprobieren von Rollen die Erzählung bestimmte und die zwei schüchternen Teenager Spencer und Martha sich dank ihrer Avatare näherkamen, setzt „Jumanji: The Next Level“ ganz auf die Eigendynamiken von Gruppen und folgt darin einem fast reaktionär funktionalen Gesellschaftsbild, in dem jeder seine ihm gemäße Aufgabe zu erfüllen hat. Das gleichwohl nach wie vor mit genügend Gelegenheit für Witz.
Der Film selbst thematisiert seine technischen Mittel
„Jumanji: The Next Level“. Regie: Jake Kasdan. Mit Dwayne Johnson, Kevin Hart u. a. USA 2019, 123 Min.
Auch die Landschaften, die wohlgemerkt nicht komplett im Rechner entstanden sind, sondern an realen Schauplätzen gefilmt, können sich sehen lassen, von der anfänglichen Wüste bis zum unwirtlichen Hochgebirge, in das die ungleiche Gruppe zum Finale aufbricht. Eine der reizvollen Eigenheiten dieser Filmserie ist dabei, dass der Film seine technischen Mittel immer wieder selbst thematisiert, etwa wenn die Figuren ihre verschiedenen Kräfte ausprobieren und Sprünge oder Schläge vollführen, die Sterbliche so nicht hinbekämen.
Wie überhaupt die Effekte aus dem Computer genau dies sein sollen: Effekte aus dem Computer. Und keine am Rechner erstellten Simulationen realitätsgetreuer Welten wie in Disneys Neuverfilmung von „Der König der Löwen“. Ein Sturz vom Himmel ist in „Jumanji“ kein Sturz vom Himmel, sondern der Weg zurück ins Spiel, nachdem man eines seiner Leben verloren hat. Und trotz der großen Risiken zieht es selbst erfahrene Gamer wie Spencer immer wieder dorthin zurück. „Spielsucht“ nennt man das.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut