Julia Klöckner und Nestlé: Das Video geht klar
Die Landwirtschaftsministerin lobte den Konzern in einer Videobotschaft. Das war keine Werbung, sagt jetzt die zuständige Medienanstalt.
Viele fanden das Video peinlich, einige fanden es schlichtweg unmöglich: Schulter an Schulter mit dem Chef eines der mächtigsten Lebensmittelkonzerne erzählte die Bundeslandwirtschaftsministerin etwas über gesundes Essen und gerettete Umwelt. Zu diesem Video von Julia Klöckner (CDU) hat sich jetzt die Medienanstalt Berlin Brandenburg (MABB) geäußert. Ihr Fazit: Es handelt sich nicht um Werbung.
Anfang Juni hatte die Landwirtschaftsministerin den Deutschland-Chef von Nestlé besucht. Und weil sie eine moderne Ministerin ist, hat sie gleich ein Video davon über die sozialen Netzwerke gespielt. Darin freut sie sich über die Unterstützung, die Nestlé Deutschland ihr versprochen hat beim Kampf gegen zu viel Fett und Zucker im Essen.
Dass Klöckner damit Nestlé herausgriff und besonders positiv darstellte – einen Konzern, der wegen seiner globalen Rolle bei Umweltverschmutzung und der Ausbeutung von Wasservorräten immer wieder kritisiert wird –, war für viele ein klares Zeichen, dass die Ministerin hier ihre Neutralität aufgebe und PR betreibe. Und so befasste sich die MABB mit dem Fall, die wie alle Landesmedienanstalten darüber wacht, dass im Rundfunk keine Schleichwerbung stattfindet.
Und die nun in ihrem Bericht vom Dienstag zu dem Schluss kommt: Ist keine. Denn dafür seien zwei Voraussetzungen nicht erfüllt. „Laut Einschätzung der MABB handelt es sich nicht um Wirtschaftswerbung, da die Äußerungen der Bundesministerin nicht – wie vom Rundfunkstaatsvertrag vorausgesetzt – bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs erfolgen.“ Zweitens erkenne die MABB keine Werbeabsicht. „Das Ministerium hat versichert, kein Entgelt oder ähnliche Gegenleistung von Nestlé erhalten zu haben.“
Information muss überwiegen
Obendrein verteidigt die MABB Klöckner gegen den Vorwurf, ihr Amt unzulässig genutzt zu haben. „Die Grenzen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit sind nur dann überschritten, wenn der informative Gehalt des Videos eindeutig hinter werblichen oder unterhaltenden Aussagen zurücktritt.“
Sprich: Wenn ein Beitrag im Großen und Ganzen informiert (und Klöckner informierte ja über ihr superdupertolles Treffen mit dem Nestlé-Chef) und nur zweitrangig einen werbenden Effekt hat, dann ist das für Regierungsmitglieder okay.
Dass die Ministerin – unabhängig vom Charakter des Videos – Nestlé hier in ganz besonderer Weise positiv herausgegriffen hat, dazu äußerte sich die MABB nicht. Sie will jetzt aber zusammen mit den Anstalten der anderen Länder Leitlinien für ähnliche Fälle erarbeiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland