Jugendstadtrat über den Kitaplatzmangel: „Das ist nicht gerecht“

Neuköllns Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) warnt vor einer Firma, die Eltern bei der Kitaplatzsuche per Klage hilft. Ab morgen sind Berliner Kitas beitragsfrei.

Platzmangel im Bad: Würde nicht ganz in die Ecke doch noch ein Becher passen? Foto: dpa

taz: Herr Liecke, Sie warnen Eltern vor einem privaten Dienstleister aus Leipzig, der ihnen die Kitaplatz-Suche abnimmt. Was ist da los?

Falko Liecke: Diese Firma suggeriert Eltern, sie könnte ihnen gegen eine Gebühr von 20 Euro einen Kitaplatz in der Wunsch-Kita verschaffen. Das ist ihr Geschäftsmodell und das ist natürlich Quatsch. Den Eltern einen Kitaplatz zu suchen ist Aufgabe der Jugendämter, das ist gesetzlich so geregelt. Und es ist außerdem kostenlos.

Es klappt aber nur bedingt. Eltern müssen sich auf viele Wartelisten setzen lassen, regelmäßig in Kitas anrufen und häufig sehr lange auf eine Zusage warten.

Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz besteht so oder so. Wir sind ja nicht zu dusselig, den Eltern einen Platz zu beschaffen, wir haben einfach zu wenig Plätze. Zwei meiner Kolleginnen tun nichts anderes als Kitas abzutelefonieren. Auch private Dienstleister stehen vor diesem Problem. Sie reichen dann eine Klage beim Verwaltungsgericht ein, das Gericht bestätigt den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Damit bekommt das Jugendamt mehr Druck.

Und die Eltern schneller einen Platz?

Wir müssen diese Fälle tatsächlich bevorzugen, weil eine viel kürzere Frist gesetzt wird. Aber es ist nicht Sinn der Sache, dass jeder, der zum Anwalt geht, früher einen Platz kriegt. Das ist nicht gerecht, wir wollen allen Eltern helfen. Mich ärgert, dass wir überhaupt in so eine irre Situation gekommen sind. Es gibt ja genug Räume, nur nicht genug Erzieher. Das Land ist seit Jahren nicht in der Lage, rechtzeitig für die notwendigen Fachkräfte zu sorgen. Das fällt uns nun voll auf die Füße.

Sie sagen, dass keiner der Anträge, die über den privaten Dienstleister gestellt wurden, bisher bearbeitet werden konnte. Warum?

Es fehlten Unterlagen, etwa der Kitagutschein. Ohne die notwendigen Papiere können wir die Anträge nicht bearbeiten.

45, Christdemokrat und seit 2011 stellvertretender Bürgermeister und Stadtrat für Jugend und Gesundheit in Neukölln

Aber wenn alle Unterlagen vorliegen?

Dann werden wir das natürlich bearbeiten.

Ab heute entfallen auch die letzten Gebühren für Kitakinder, die Betreuung ist jetzt komplett beitragsfrei. Wird das den Platzmangel noch verschärfen?

Ich denke schon. Bei den ganz Kleinen, für die die Gebühren wegfallen, ist es ja auch jetzt schon äußerst eng mit Plätzen. Zusätzlich hat der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Martin Hikel (SPD), nun auch noch eine Kitapflicht gefordert. Das halte ich nicht für besonders hilfreich. Es werden immer mehr Anreize geschaffen, Kinder in die Kitas zu geben. Im Grundsatz mag das richtig sein. Aber wenn die Plätze nicht da sind, kann ich nicht auch noch ein Werbeprogramm dafür auflegen. Der Staat versagt an dieser Stelle.

Wie lange noch?

Ich schätze, dass uns das Thema der fehlenden Erzieher noch mindestens fünf Jahre beschäftigen wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.