Jugendliche in der Pandemie: Polizeigewerkschafter für Party
Thomas Jungfer von der Deutschen Polizeigewerkschaft schlägt sich auf die Seite der Jugend – und hat damit recht. Outdoor-Partys für alle!
D ie Polizeigewerkschaften sind sich uneinig. Streitthema sind die Jugendlichen, die einfach nicht hören wollen. Dabei wäre es so einfach: Verbringt euren Sommer im Kinderzimmer, dann müsste die Polizei auch nicht draufhauen! Die will das ja gar nicht wirklich.
Thomas Jungfer, Landessprecher der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), schlägt sich jetzt tatsächlich auf die Seite der Jugend. Am Donnerstag forderte er Senat und Innenbehörde auf, Lockerungsmaßnahmen effektiver zu gestalten: „Warum gibt es kein Veranstaltungsangebot für Geimpfte, Genesene und Getestete? Wo ist das Coronakonzept für St. Pauli und die Schanze?“, fragt Jungfer.
Er verweist dabei auf Schleswig Holstein und Niedersachsen, wo Inzidenzen trotz immer weiterer Öffnungsschritte dank entsprechender Hygienekonzepte nicht steigen. Der Hamburger Senat bleibe jedoch stur.
Stattdessen müsse die Polizei es am Ende richten. Und wenn die Lage dann eskaliere, seien sie wieder die Bösen: „Ich habe so ein bisschen die Befürchtung, dass wir irgendwann als Verlierer der gesamten Coronazeit hier rausgehen.“ Und das kann ja nun wirklich niemand wollen.
Robustes Vorgehen angedroht
In der Gegenposition steht die ähnlich klingende, jedoch anders abgekürzte Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die bleibt ihrem Image treu und formuliert vor allem Drohungen: „Um den Erfolg der Pandemiebekämpfung nicht zu gefährden, ist es notwendig, dass die Rechtsverordnungen weiterhin durchgesetzt werden – auch gegen den Widerstand einzelner Bürgerinnen und Bürger“, teilte sie Ende Mai mit.
Die Hamburger Polizei brauche weiterhin politische Rückendeckung, um gegen die Feierenden „konsequent und – wo nötig – robust“ vorzugehen. Die Regierung ist also Verbündeter, die Jugend der Sündenbock.
Hinter dieser Rhetorik steckt Ageismus, also Altersdiskriminierung. Indirekt werden Bedürfnisse von Jugendlichen als unkontrollierte Triebe abgewertet. Selbstfindung und sozialer Austausch werden zu primitiven Saufgelagen umgedeutet, um gewaltvolles Einschreiten der Polizei politisch zu legitimieren.
Dabei scheinen es ja Teile der Polizei selbst verstanden zu haben, wie Jungfer beweist: Gäbe es kontrollierte Outdoor-Partys mit Hygienevorschriften, würde sich auch die Lage an den Corona-Hotspots entspannen. Vielleicht ist die Polizei bald so mit Streiten beschäftigt, dass die Jugend unbemerkt das Haus verlassen kann.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?