Jüdische Filmtage in Hamburg: Ein schießender Rabbi und Kafka vor Gericht
Komödien, Dokus und dramatisierte, wahre Begebenheiten: Am Sonntag beginnen in vier Hamburger Kinos die fünften Jüdischen Filmtage.
Das ist doch mal ein Filmtitel. Und „Guns & Moses“, der Eröffnungsfilm der 5. Jüdischen Filmtage Hamburg, hält auch noch, was sein Titel verspricht: Er erzählt die Geschichte eines Rabbiners, der zu einem revolverschwingenden Actionhelden wird. Aber wird darin auch „ein jüdisches Thema authentisch und überzeugend transportiert“?
Denn so definiert Elisabeth Friedler, die Gründerin und eine der Kurator*innen der Jüdischen Filmtage, das Credo ihres kleinen Festivals; an fünf Tagen werden nun fünf Filme in vier Hamburger Kinos gezeigt.
Tatsächlich gelingt dem Regisseur und Co-Drehbuchschreiber Salvador Litvak hier ein Kunststück: Er zeichnet einerseits das einfühlsame, realistische Porträt einer kleinen jüdischen Gemeinschaft in einem kleinen Wüstenort im Westen der USA – und liefert einen veritablen Actionfilm ab.
Wir lernen Rabbi Mo Zaltzman (Mark Feuerstein) kennen, seine Familie und seine Gemeinde. Als eines von deren Mitgliedern bei einer Familienfeier erschossen wird, wird schnell ein junger antisemitischer Redneck als Hauptverdächtiger verhaftet.
Kafka – jüdisch oder israelisch?
Rabbi Zaltzman aber glaubt nicht an die Schuld des Mannes und beginnt selbst nach dem Mörder zu suchen. Im letzten Drittel des Films wird dann heftig geschossen bis zum völlig durchgeknallten, parodistisch überzeichneten Finale. Die extremen Wechsel zwischen den Genres, Stimmungen und Stilmitteln werden indes mit so viel Humor und kreativem Übermut umgesetzt, dass „Guns & Moses“ sich als erstaunlich gut gemachter und sehr unterhaltsamer Thriller entpuppt.
Damit gehört er nicht unbedingt zu der Sorte Film, die man bei jüdischen Filmtagen erwartet – das wäre schon eher die Komödie „Matchmaking 2“ (Di, 17. 6., 19.30 Uhr, Metropolis). Darin erzählt Regisseur Erze Tadmor von einer Heiratsvermittlerin und ihren „Opfern“, die allerlei romantische und komische Verwicklungen überstehen müssen, bis am Schluss, klar, die wahre Liebe triumphiert.
Diese sehr kommerzielle Fortsetzung einer israelischen Erfolgskomödie ist ein guter Beleg dafür, dass Mainstream-Movies mindestens so viel über die Gesellschaft aussagen können, in der sie entstehen, wie künstlerisch ambitionierter Arthaus-Stoff.
Ob Franz Kafka nicht nur ein jüdischer, sondern auch ein israelischer Künstler war, darum geht es in der israelischen Doku „Kafka’s Last Trial“ (Mo, 16. 6., 19 Uhr, Abaton). Darin geht es um die Originalmanuskripte des Weltschriftstellers, die Max Brod in einem Koffer nach Israel brachte und später an seine Sekretärin vererbte.
Als wiederum deren Erbin sie nach Deutschland verkaufen wollte, ans Literaturarchiv Marbach, erhob die israelische Nationalbibliothek Einspruch. Es folgte ein langwieriger Prozess, den selbst die Richterin am Ende als „kafkaesk“ bezeichnete. Da bot es sich an, das reale Verfahren mit Auszügen aus Kafkas „Der Prozeß“ zu kommentieren und Filmemacher Eliran Peled hat beides geschickt miteinander verwoben.
Im Programm findet sich außerdem der französische Spielfilm „Auction“ (Mi, 18. 6., 20 Uhr, Passage): Er erzählt die wahre Geschichte von Fund und Verkauf eines Gemäldes von Egon Schiele, das sich als Raubkunst entpuppt. Im israelischen Spielfilm „The Ring“ (Do, 19. 6., 19.30 Uhr, Zeise) schließlich geht es um den Sohn einer Holocaust-Überlebenden, der nach Ungarn reist, um nach deren einst verlorenem goldenen Ring zu suchen.
Vermissen könnte man Filme zu den aktuellen Vorkommnissen in Israel seit Oktober 2023 oder zum Konflikt mit den Palästinensern überhaupt. „Wir möchten Beiträge zeigen, die noch nicht in Hamburger Kinos gelaufen sind“, sagt Elisabeth Friedler dazu. Zum Thema 7. Oktober gebe es „gute Dokumentationen“, die aber in diesem Jahr schon gezeigt worden seien – „und wir wollten diese nicht so kurz aufeinander wiederholen“.
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