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Judentum und Polizei in Sachsen-AnhaltErster Polizeirabbiner berufen

Der Polizei in Sachsen-Anhalt soll ein eigener Rabbiner die jüdische Perspektive nahe bringen. Das geht über die Aufklärung über Antisemitismus hinaus.

Daniel Fabian wird ab September 2022 das Amt eines Polizeirabbiners in Sachsen-Anhalt antreten Foto: Sebastian Willnow/dpa

Halle epd | Der Rabbiner Daniel Fabian übernimmt ab September auch das Amt des ersten Polizeirabbiners in Sachsen-Anhalt. Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) und Max Privorozki, der Landesvorsitzende der jüdischen Gemeinden, unterzeichneten am Mittwoch in der Synagoge in Halle (Saale) eine entsprechende Vereinbarung.

Zieschang sprach von einem „völlig neuen Kapitel in Form einer dauerhaften institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen der Landespolizei und dem Landesverband der jüdischen Gemeinden“. Nach Baden-Württemberg ist Sachsen-Anhalt das zweite Bundesland, das einen Polizeirabbiner berufen hat. Die Bundeswehr bekam im vergangenen Jahr ihre ersten Militärrabbiner.

Sein neues Amt sei „ein großer Schritt der Normalisierung des jüdischen Lebens in Sachsen-Anhalt“, betonte Daniel Fabian. Seit Dezember 2021 ist er der Landesrabbiner in Sachsen-Anhalt. Eine Sensibilisierung zu jüdischen Themen und Antisemitismus müsse nicht nur „auf theoretischer Ebene, sondern lebensnah und im persönlichen Austausch“ erfolgen. Die Perspektive des Judentums eröffne zudem neue Sichtweisen in der Polizeiseelsorge. Fabian wird bei seiner Arbeit von einem Team aus „Vertrauenspersonen des jüdischen Lebens“ unterstützt.

Der Polizeirabbiner wirkt vom 1. September an nicht nur an Ausbildung und Lehre an der Fachhochschule Polizei in Aschersleben mit. Er steht auch in der Polizeiseelsorge als Ansprechpartner für alle Angehörigen der Landespolizei zur Verfügung.

Bildung gegen Antisemitismus

In Fabian habe die Polizei eine Person gewonnen, die authentisch vermitteln könne, was die jüdische Religion ausmacht, hieß es. Er wurde 1974 in Israel geboren und wuchs in Deutschland auf. Nach dem Biologiestudium besuchte er das Rabbinerseminar Berlin. Um Antisemitismus und antisemitische Straftaten erfolgreich bekämpfen zu können, müsse Polizisten und Polizistinnen bereits in der Ausbildung das nötige Wissen vermittelt werden.

Privorozki begrüßte die Vereinbarung als „vertieften und organisierten Weg“, um zukünftige Polizistinnen und Polizisten über Judentum und Antisemitismus zu informieren. Damit werde eine Wissens- und Erfahrungslücke bei der Polizei geschlossen. Er hoffe zudem, dass die Vereinbarung als Vorbild fungiere und auch andernorts umgesetzt werde.

Die Evangelische Landeskirche Anhalts begrüßte Fabians Berufung zum Polizeirabbiner als Bereicherung der Polizeiseelsorge. „Unsere Polizeiseelsorgerinnen und –seelsorger freuen sich auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Kollegen“, sagte Kirchenpräsident Joachim Liebig, welcher der Unterzeichnung ebenfalls beiwohnte. Die jüdische Perspektive „sei eine zusätzliche, erweiterte Erkenntnis über die Welt des Glaubens“.

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