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Journalist in ArgentinienFestgesetzt und misshandelt

Der deutsche Journalist Stefan Borghardt will die Folgen eines ökologischen Unglücks in der Provinz Neuquén fotografieren und wird festgenommen.

Ein Bohrturm in Vaca Muerta in der patagonischen Provinz Neuquén, Argentinien (Symbolbild) Foto: reuters

Buenos Aires taz | Der Fotojournalist Stefan Borghardt wurde vergangenen Montag in der patagonischen Provinz Neuquén vorübergehend festgenommen und misshandelt. Der 28-jährige Student der Hochschule Hannover war im Oktober für ein Forschungssemester von Deutschland nach Argentinien gereist. An der Hochschule Hannover studiert er Fotojournalismus und Fotografie. Im Dezember war er nach Neuquén gefahren um für eine Dokumentation über Fracking zu recherchieren.

In Neuquén liegt die Sierra de la Vaca Muerta. Vaca Muerta (Tote Kuh) gilt als weltweit zweitgrößte Lagerstätte für Schieferöl und -gas, nach den Vorkommen im US-Bundesstaat Texas. Aufmerksam wurde Borghardt auf Vaca Muerta durch Satellitenaufnahmen, die im Oktober öffentlich wurden. Sie zeigten die Folgen eines katastrophalen Unfalls auf dem Gelände einer in Vaca Muerta tätigen Firma, bei dem nach unterschiedlichen Angaben 40 bis 80 Hektar mit einem Gemisch aus Öl, Wasser und Chemikalien verseucht wurden.

Der Vorfall wurde nur deshalb bekannt, weil Firmenmitarbeiter über ihre Handys Fotos von der Katastrophe verschickt hatten. Greenpeace hatte danach die Satellitenaufnahmen veröffentlicht.

Geschlagen, getreten und beschimpft

Ausgestattet mit Angaben aus GoogleMaps machte sich Borghardt letzten Montag auf die Suche und geriet auf das Gelände der Privatfirma Treater Neuquén S.A. Hier schoss er Fotos von offenen Halden mit Bohrschlamm, einige mit seinen Handy, die er gleich verschickte. Dabei wurde er jedoch von einem Aufseher gesehen und in dessen Fahrzeug zum Ausgangstor gebracht.

Statt ihn jedoch dort abzusetzen, wurde er der Polizei übergeben und auf das 10. Revier in der nahen Kleinstadt Añelo verbracht. Obwohl ihn sein Presseausweis als Journalist zu erkennen gab, wurden ihm seine beiden Kameras und sein Handy abgenommen. Am späten Abend wurde er dann wieder freigelassen. Seine Kameras blieben aber in Polizeigewahrsam.

„Als wir zur Arrestzelle kamen, war ich umringt von fünf bis sieben Beamten. Ich wurde mehrfach geschlagen, getreten und beschimpft“, berichtet er am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Einer habe gerufen, dass er alle Deutschen hasse.

Er habe ungelesen ein Protokoll unterschrieben, um nicht noch mehr Probleme zu bekommen, sagt er. „Ich habe verstanden, dass dies nicht der Ort ist, um meine Rechte einzufordern“, so Borghardt. Am Donnerstag erstattete er Anzeige gegen die Polizei wegen Verletzung der Amtspflicht und Amtsmissbrauch. Zuvor hatte ihn die Firma Treater wegen unbefugten Betretens angezeigt.

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