Jordaniens Ex-Kronprinz: Bruch im Königshaus
Hamsa bin Hussein erhebt schwere Vorwürfe gegen seinen Halbbruder König Abdullah II. Er befinde sich wegen einer angeblichen Verschwörung im Hausarrest.
Die britische BBC veröffentlichte am späten Samstagabend ein Video, das der 41 Jahre alte Prinz aus seinem Arrest aufgenommen und dem Sender mit Hilfe seines Anwalts zugespielt haben soll. Darin erhebt er schwere Vorwürfe gegen König Abdullah II.
Prinz Hamsa sagt in dem Video, der Generalstabschef habe ihn am Samstagmorgen besucht und darüber informiert, dass er das Haus nicht verlassen und keinen Kontakt zur Außenwelt haben dürfe. Seine Telefon- und Internetverbindung sei gekappt worden.
Die Maßnahmen gegen ihn seien damit begründet worden, dass er an Treffen teilgenommen habe, auf denen der König kritisiert worden sei. Er sei aber deswegen nicht direkt beschuldigt worden. Der ehemalige Prinz habe dem Militärchef gesagt: „Ich bin nicht die Person, die für den Zusammenbruch der Staatsführung verantwortlich ist, für Korruption und Unfähigkeit, die in unserer Regierungsstruktur seit 15 bis 20 Jahren vorherrscht und jedes Jahr schlimmer wird. Ich bin nicht verantwortlich für den Mangel an Vertrauen, den die Leute in ihre (Regierungs-) Institutionen haben. Die sind verantwortlich.“
Hamsa versichert nicht Teil einer „Verschwörung“ zu sein
Hamsa übte in dem Video Kritik am „herrschenden System“, ohne den König direkt zu erwähnen. Dieses System habe entschieden, „dass seine persönlichen Interessen, seine finanziellen Interessen, dass seine Korruption wichtiger sind als das Leben, die Würde und Zukunft der zehn Millionen Menschen, die hier leben.“
Er versicherte, nicht Mitglied einer „Verschwörung oder ruchlosen Organisation oder vom Ausland unterstützten Gruppe zu sein, wie immer gesagt wird, wenn jemand seine Meinung sagt“. Es gebe noch „Mitglieder in dieser Familie, die noch immer dieses Land leben, die sich um seine Menschen kümmern und sie über alles andere stellen.“ Das sei offenbar ein Verbrechen, das Isolation und Drohungen rechtfertige.
Auch Prinz Hamsas Mutter schaltete sich inzwischen ein. Die Anschuldigungen seien eine „böse Verleumdung“, teilte sie am Sonntag auf Twitter mit. Königin Nur bete für die unschuldigen Opfer. Sie ist eine Witwe des früheren Königs Hussein.
Festnahmen aus Umfeld der Königsfamilie
Fast zeitgleich zur Wortmeldung des Prinzen hatte die „Washington Post“ über die Festnahme von fast 20 Menschen in Zusammenhang mit einem angeblichen Komplott gegen König Abdullah II. berichtet. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht.
Die Staatsagentur Petra meldete, dass zwei hochrangige Männer und weitere Verdächtige „aus Sicherheitsgründen“ festgenommen worden seien: Bassim Auadalla, ehemaliger Vorsitzender des Königlichen Gerichts, und Hassan bin Said, Mitglied der Königsfamilie. Prinz Hamsa sei dagegen weder festgenommen noch unter Hausarrest gestellt worden.
Auch Generalstabschef Jussif al-Hunaiti dementierte, dass der Prinz unter Hausarrest gestellt worden sei. Er forderte ihn in einer Mitteilung jedoch auf, Handlungen zu unterlassen, die die Stabilität und Sicherheit des Königreichs gefährden könnten.
Jordanien gilt als weitgehend stabil
Zwischen den Brüdern sei ein Streit offen ausgebrochen, berichtete das „Wall Street Journal“. 2004 setzte König Abdullah II. Prinz Hamsa als Thronfolger ab – und ernannte später seinen eigenen Sohn zum neuen Kronprinzen. In einem Dekret hieß es damals, König Abdullah II. wolle seinen 24-jährigen Halbbruder von den „Zwängen“ seiner Position befreien, um ihm andere Möglichkeiten zu geben. Der König hatte Prinz Hamsa wenige Jahre zuvor zunächst für das Amt bestimmt.
Von plötzlichen Wechseln in der Thronfolge hatte der seit 1999 regierende König Abdullah II. einst selbst profitiert. Sein Vater, König Hussein, hatte ihn kurz vor dessen Tod überraschend zum Thronfolger ernannt. Zuvor war jahrezehntelang Husseins Bruder Hassan als Kronprinz für das Amt vorgesehen gewesen.
Saudi-Arabien, Ägypten und andere arabische Länder drückten ihre Unterstützung für König Abdullah II. aus. US-Außenamtssprecher Ned Price bezeichnete den Monarchen als „Schlüsselpartner“ der USA, der die „volle Unterstützung“ der Vereinigten Staaten habe. Jordanien gilt im Vergleich zu einigen seiner regionalen Nachbarn als weitgehend stabil und sicher.
Der Fall des Prinzen erinnert an Berichte über Festnahmen mehrerer hochrangiger Mitglieder der Königsfamilie in Saudi-Arabien vor gut einem Jahr. Die „New York Times“ und das „Wall Street Journal“ berichteten damals unter Berufung auf Eingeweihte, dass ihnen eine Verschwörung vorgeworfen werde.
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