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John Oliver interviewt Edward SnowdenDas Penisbild zählt

Der Satiriker John Oliver spricht mit Edward Snowden. Das ist sehr unterhaltsam – und zeigt, wie Amerikaner den NSA-Skandal endlich verstehen könnten.

Zwei, die sich verstehen: Edward Snowden und John Oliver. Tabelle: www.youtube.com/channel/UC3XTzVzaHQEd30rQbuvCtTQ

„Wie sehr vermissen Sie die USA?“ Eine simple Frage und erst einmal wenig satirisch, für John Oliver-Verhältnisse. Der Brite moderiert in den USA seit 2014 auf dem Bezahlsender HBO die Late Night Show „Last Week Tonight with John Oliver“. Der Brite ist darin böse, politisch, sarkastisch – und sehr erfolgreich.

Gelernt hat er bei Jon Stewart in der „Daily Show“, hat sich mit seiner Show jedoch emanzipiert und etabliert. Seine Einspieler sind oft länger, teilweise über 15 Minuten. So auch das am Sonntagabend (Ortszeit) ausgestrahlte Interview mit dem Whistleblower – und für viele Amerikaner Staatsfeind Nummer eins – Edward Snowden.

Dafür reiste Oliver nach Russland und schon der Vorlauf des Interviews ist sehenswert, weil Oliver etwa selbst darauf wettet, dass Snowden nicht auftaucht: „2.000 Rubel – wie viel auch immer das ist.“ Doch Snowden erscheint natürlich und wird mit eben jener Eröffnungsfrage konfrontiert: „Wie sehr vermissen Sie die USA?“ Snowden holt aus und spricht philosophisch über die Tatsache, dass seine Heimat immer bei ihm sei – da unterbricht Oliver ihn direkt und setzt den Ton für das Interview. „Viel zu kompliziert.“ Die Antwort müsse natürlich lauten: „Ich vermisse es schrecklich und Amerika ist das beste Land der Welt.“

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Nach einer Reihe kritischer Fragen – warum Snowden überhaupt bei der NSA angeheuert habe, ob er alle Dokumente, die er weitergegeben habe, gelesen habe – wird es im zweiten Teil des Interviews vermeintlich „komisch“ und gar nicht kompliziert, denn es geht um Penisbilder.

Oliver befragt Amerikaner auf der Straße zunächst, wer Edward Snwoden sei – verantwortlich für WikiLeaks, findet sich unter den intelligenteren Antworten. Während Snowden und seine „Tat“ nicht gerade für Aufregung sorgt, regt die Menschen die Folgefrage massiv auf: Was würden sie sagen, wenn die Regierung in Besitz eines Penisbildes von ihnen sei? Das geht natürlich gar nicht.

Olivers Umkehrschluss: „Das ist das wichtigste für die Leute: Können die meinen Penis sehen?“ Snowden geht auf die Analogie ein und verneint, dass es ein „Dick-Pic-Program“ („Penis-Bilder-Programm“) bei der NSA gebe, erklärt aber heruntergebrochen daran noch einmal die Überwachung von Emails, das Abschöpfen von Daten, das Prism-Programm und alle Missstände der NSA, die er öffentlich gemacht hat. Um am Ende des Interviews selbstkritisch zu erkennen: „Ich vermute, ich hab einfach nie darüber nachgedacht, alles in diesen Kontext zu stellen.“

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5 Kommentare

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  • Einsame Spitze!

     

    und @Mowgli:

    ich seh John Oliver in dem Video zum ersten Mal und da macht er alles andere als den Eindruck eines Steigbügelhalters. Komische Momente gibt's hier am Fließband.

     

    Über die schlimmsten Sachen lässt sich am besten Lachen, das ist doch quasi die Aufgabe der Satiriker.

     

    Wen das verwirrt, der muß sie sich ja nicht anschauen (dafür gibt's ja Penisbilder!).

  • Sehr gut! Endlich jemand, der verstanden hat, dass es wenig bringt, der Mehrheit der Durchschnittsbürger komplexe Themen durch noch mehr technische Fachbegriffe näherzubringen, sondern vor allem durch praktische Beispiele aus ihrem Leben, die sie auch auf der emotionalen Ebene treffen.

     

    Die Minderheit der Intellektuellen und Nerds können sich weiterhin an Prism, Tempora und XKeyscore halten.

     

    Sehr schön auch die Aktion von Künstlern in New York:

    http://animalnewyork.com/2015/theres-a-massive-illicit-bust-of-edward-snowden-stuck-to-a-war-monument-in-brooklyn/

  • Nicht lustig.

    • @mowgli:

      hat ja auch niemand gesagt!

      • @SilenZ:

        Stimmt. "Last Week Tonight with John Oliver" ist angeblich nicht lustig sondern "böse, politisch, sarkastisch – und sehr erfolgreich". Genau darüber kann ich ja nicht lachen. Die Amis sind verwirrt genug, auch ohne dass man ihnen noch mehr Angst einjagt als sie schon haben (und mit Waffengewalt zu unterdrücken suchen). Zum Beispiel mit Blick auf ihre Landsleute und deren Intellekt.

         

        Satiriker, deren Auftritte nicht auch ne komische Komponente haben, mag ich übrigens nicht so besonders. Im besten Fall sind sie egozentrische Hochstapler, finde ich. In richtig schlimmen Fällen aber sind sie das, was man hierzulande seit 70 Jahren einen Steigbügelhalter nennt. Die Lage ist nicht so, dass wir uns alles leisten könnten, was wir uns leisten können, wenn wir den Blick starr auf den eigenen Bauchnabel richten.