Jörg Wimalasena Mitarbeiter der Woche: Albrecht von Lucke
Junge Politiker werden von alten Haudegen herablassend behandelt. Seit vergangener Woche gibt es dazu sogar einen Hashtag: #DieseJungenLeute. Angefangen hat alles in einer Talkshow. Der Publizist und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik, Albrecht von Lucke, hat den Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert geduzt – live im Fernsehen. Der 28-jährige Kühnert kämpft derzeit ziemlich öffentlichkeitswirksam gegen einen SPD-Eintritt in die Große Koalition und ist deshalb gern gesehener Gast bei Lanz und Konsorten.
Vergangenen Donnerstag saß Kühnert bei Maybrit Illner. Dort wetterte also besagter von Lucke gegen Kühnert und dessen Anti-Groko-Engagement. Insgeheim wolle der Juso-Mann ja gar nicht gewinnen. Falls doch, „wärst (du) nichts anderes als der Boris Johnson der deutschen Politik. Nichts anderes wärst du! Nichts anderes!“, rief von Lucke Kühnert entgegen.
Moderatorin Illner sprach ihn zudem mehrfach mit dem Namen „Kleinert“ an. Kühnert korrigierte ohne Groll – und damit hätte man die ganze Geschichte auch vergessen können.
Doch dann kam das Hashtag. Unter #DieseJungenLeute twittern seit einigen Tagen Jungpolitiker über ihre Diskriminierungserfahrungen. „Wenn der Kollege in der ersten Ausschusssitzung nicht mit dir, sondern mit deinem Referenten spricht, weil der älter ist …“, twittert zum Beispiel Moritz Körner, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in NRW.
Die Linksjugend-Bundessprecherin Sarah Rambatz schreibt: „Du wirst politisch aktiv, sammelst Unterschriften, entdeckst Veganismus, meldest Demonstrationen an, blockierst Naziaufmärsche, arbeitest in einer Landtagsfraktion mit, nimmst an Bundesparteitagen teil, aber du sollst immer noch zu unerfahren für die Politik sein.“
Dabei kann ein bisschen Gerontokratie gar nicht schaden. So mancher väterliche Ratschlag stimmt nämlich. Zum Beispiel: „Mit deiner jugendlichen Radikalität wirst du in der Politik niemals etwas erreichen. Das wirst du noch lernen.“ Diesen Ratschlag erhielt Lasse Petersdotter, der für die Grünen im Landtag von Schleswig-Holstein sitzt.
Der Rat des blutjungen Autors dieser Zeilen an Nachwuchspolitiker, die von alten Apparatschiks und TV-Unterhaltern unterdrückt werden: Schlagt doch einfach mal zurück! Wenn ein greiser Fraktionskollege sagt: „Ich dachte, Sie seien der Praktikant“, könnte die Antwort lauten: „Und ich dachte, Sie wären mein Opa. Aber der hat sich besser gehalten – und ist seit drei Jahren tot.“
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