Job-Umfrage unter Berliner Beschäftigten: Sinnvoll, aber stressig
Berliner mögen ihre Jobs, klagen aber über Zeitdruck. Frauen betrifft das besonders, zeigt eine Umfrage.
Viele Berliner Beschäftigte sind überzeugt von der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit, sie identifizieren sich stark mit dem, was sie tun. Gleichzeitig klagen viele über Zeitdruck und Stress im Job – was teilweise sogar dazu führt, dass sie Abstriche machen bei der Qualität, sprich: schlechter arbeiten. All das geht aus der Beschäftigtenbefragung „DGB-Index Gute Arbeit 2018“ hervor, die es bundesweit schon länger gibt, die aber nun erstmals auch für das Land Berlin durchgeführt wurde. „Es hat sich deutlich gezeigt, dass die psychischen Belastungen dominieren“, sagte Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) am Montag bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Mehr als ein Drittel der Berliner Beschäftigten gaben demnach an, oft auch am Wochenende zu arbeiten, was als belastend empfunden wird. Im Bundesschnitt sagen nur 28 Prozent, dass sie am Wochenende im Einsatz sind. 17 Prozent in Berlin leisten nach eigener Aussage häufig oder oft auch unbezahlte Arbeit – im Bundesvergleich sind es mit 14 Prozent etwas weniger.
Kaum Aufstiegschancen
Besonders unzufrieden sind die Beschäftigten im Einzelhandel. „Da ist Arbeit am Wochenende verbreitet, es gibt auch einen hohen Anteil an unfreiwilligen Teilzeitkräften“, sagte Alexandra Wagner vom Forschungsteam Internationaler Arbeitsmarkt, das die Zahlen auswertete. Aber auch das Gesundheits- und Sozialwesen sowie der Bildungsbereich schneiden eher schlechter ab. „Das sind Branchen, wo es jetzt schon einen Fachkräftemangel gibt“, so Breitenbach.
Genau in diesen Branchen arbeiten auch viele Frauen. Sie fühlen sich noch häufiger gehetzt oder unter Zeitdruck als Männer. 73 Prozent der weiblichen Beschäftigten gaben zudem an, keine oder nur geringe Aufstiegschancen zu haben. Bei den Männern sagten das 64 Prozent. „Viele Frauen stoßen nach wie vor an die gläserne Decke. Da liegen viele Potenziale brach“, kommentierte Breitenbach.
Auch bei der Bezahlung steht Berlin nicht gut da: 42 Prozent der Beschäftigten gaben an, ihr Einkommen reiche gar nicht oder nur gerade so aus. Im Bundesschnitt sagten das 38 Prozent. Das Thema Altersarmut macht vielen ebenfalls Sorgen: 82 Prozent der Berliner Beschäftigten glauben, dass ihre gesetzliche Rente nicht oder nur gerade eben ausreichen wird.
„Wenn man möchte, dass die Leute ihre Arbeit gerne und engagiert machen, muss sie attraktiv sein“, sagte Christian Hoßbach, Chef des DGB Berlin Brandenburg. Der Senat wolle mit der Erhöhung des Landesmindestlohns vorangehen, so Breitenbach. Auch die Reform des Vergaberechts sei in diesem Sinne. Viel liege aber auch an den Betrieben selbst.
Ob die Beschäftigten ihre Interessen durchsetzen können, hängt vom Einfluss der Gewerkschaften ab: In Berlin entstehen viele neue Stellen, gleichzeitig stagniert die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder, der Organisationsgrad sinkt also. Nur noch 46 Prozent der Beschäftigten arbeiteten 2017 in Betrieben mit Tarifbindung, 2000 waren es noch 66 Prozent.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!