Jim Acosta und Pressefreiheit in den USA: Weißes Haus stellt Regeln auf
Der Streit um Journalist Acostas Zugang zum Weißen Haus ist vorerst beendet. Die Regierung erlässt zugleich Verhaltensregeln für künftige Pressekonferenzen.
Das Weiße Haus hatte Acosta ausgesperrt, nachdem er während einer Pressekonferenz am 7. November heftig mit Präsident Donald Trump aneinandergeraten war. Den Entzug der Akkreditierung begründete die Regierung zunächst mit der Behauptung, der Journalist habe „Hand an die Praktikantin gelegt“, die ihm das Mikrofon aus der Hand nehmen wollte. Doch fiel das Argument in sich zusammen, als Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders ein offensichtlich manipuliertes Video vom Vorfall veröffentlichte, das Acosta viel aggressiver wirken ließ als er es war. Tatsächlich zeigen Aufnahmen, dass er gestikulierte, die Frau dabei berührte, um Entschuldigung bat und die nächste Frage stellte.
Zuletzt führte das Weiße Haus ins Feld, dass der Reporter sich gegenüber dem Präsidenten respektlos verhalten habe. Acosta und CNN gelten als häufige Zielscheibe Trumps, der Berichterstattung über seine Regierung als „Fake News“ bezeichnet – und die Medien als „Feinde des Volkes“.
CNN wies die Vorwürfe zurück und beantragte eine einstweilige Verfügung mit dem Argument, dass die Trump-Regierung mit der Aktion gegen das verfassungsgemäße Recht auf Pressefreiheit verstoße. Zudem habe es kein ordentliches Verfahren gegeben. Bundesrichter Timothy Keller gab CNN Recht und entschied, die Akkreditierung wieder in Kraft zu setzen. Acosta sei „irreparabler Schaden“ entstanden, erklärte er. Das Argument der Regierung, CNN könne doch einfach einen anderen Reporter schicken, wies der Richter zurück.
Vom „Geben und Nehmen“
Das Weiße Haus schlug zurück und kündigte zunächst an, die Akkreditierung wieder aufzuheben, sobald die einstweilige Verfügung in zwei Wochen ausgelaufen sei. Doch als CNN um eine Anhörung bat, folgte die Kehrtwende – garniert mit Verhaltensrichtlinien für künftige Pressekonferenzen.
Jeder Reporter müsse das „Parkett räumen“, also das Mikrofon abgeben, wenn der Präsident keine Nachfragen erlaube. Wer sich nicht daran halte, riskiere den Entzug der Zugangsberechtigung, schrieben Sanders und Kommunikationsdirektor Bill Shine in einem Brief an Acosta. Das Weiße Haus sei der Meinung, dass der Austausch mit der Presse auf „eine Art Geben und Nehmen“ beruhen sollte.
Der Verband der Korrespondenten im Weißen Haus (WHCA) hielt dem Weißen Haus zugute, im Fall Acosta das Richtige getan zu haben. Ein Mitspracherecht bei den neuen Regeln hätten die Journalisten indes nicht bekommen. „Solange es Pressekonferenz im Weißen Haus gibt, haben Reporter Nachfragen gestellt“, kritisierte WHCA-Präsident Olivier Knox. „Wir erwarten voll und ganz, dass diese Tradition anhält.“
CNN zeigte sich zufrieden mit der Rückgabe der Akkreditierung an Acosta. Ein weiterer Gerichtsprozess sei daher nicht nötig, teilte der Sender mit. „Wir freuen uns, weiter über das Weiße Haus zu berichten.“
Solidarität mit Acosta
Etliche Nachrichtenhäuser hatten sich solidarisch mit Acosta gezeigt. Allerdings ist er in der Medienwelt nicht ganz unumstritten. Etliche Kritiker monieren etwa, dass der Reporter bisweilen eher darauf erpicht sei, einen Standpunkt zu vertreten als eine Frage zu stellen. Bei der besagten Pressekonferenz stritt er sich mit Trump kurz über dessen Behauptung, wonach Migrantengruppen aus Mittelamerika mit Ziel USA eine „Invasion“ darstellten.
Auch in seiner Reaktion wandte sich Acosta direkt an Trump. „Wir sind nicht der Feind des Volkes“, twitterte er. „Ich bin nicht Ihr Feind. Sie sind nicht mein Feind. Es ist falsch, Ihre Mitbürger Feinde zu nennen. Wir sind alle im gleichen Team. Wir sind alle Amerikaner.“ Zudem dankte Acosta seinen Unterstützern, und ergänzte: „Wie ich schon letzten Freitag sagte – lasst uns wieder an die Arbeit gehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht