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Jetzt gibt’s Ärger von fast ganz oben

Die Bremische Evangelische Kirche eröffnet ein Disziplinarverfahren gegen Hassprediger Olaf Latzel

„Für Hetze gegen Schwule und Lesben fehlt mir jedes Verständnis“

Andreas Bovenschulte, Bürgermeister und Kirchensenator

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) eröffnet ein Disziplinarverfahren gegen ihren umstrittenen Pastor Olaf Latzel. Das hat der Kirchenausschuss am Donnerstag beschlossen.

Wie auch im öffentlichen Dienst üblich, werde das Verfahren aufgrund laufender strafrechtlicher Ermittlungen aber zunächst ausgesetzt, so die BEK-Sprecherin. Staatsschutz und Staatsanwaltschaft prüfen derzeit den Vorwurf der Volksverhetzung, weil Latzel bei einem „Eheseminar“ vergangenes Jahr Homosexuelle unter anderem als Verbrecher bezeichnet hatte.

Die Kirche verwies darauf, dass sie das Disziplinarverfahren nur wieder aufnimmt, wenn die Staatsanwaltschaft die Äußerungen als Straftat einstuft. Ihren Beschluss nutzte die BEK, um sich erneut von den Äußerungen Latzels zu distanzieren. Auch wenn sie nicht als strafbar eingestuft werden sollten, schadeten derartige Entgleisungen dem Ansehen der ganzen Kirche erheblich, hieß es. Ähnlich argumentierten Kirchenbeschäftigte in einer gemeinsamen Erklärung, kirchliche Personalvertreter forderten Latzels Suspendierung.

Der Pastor der St.-Martini-Gemeinde warnte bei dem Seminar im Oktober vor einer „Homolobby“ und sagte: „Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch.“ Das verunsichere Leute, zerstöre Zivilisation und Kultur. Die Aussagen waren über Youtube verbreitet worden, mittlerweile sind sie nicht mehr öffentlich.

Auch Bürgermeister und Kirchensenator Andreas Bovenschulte (SPD) kritisierte Latzels Äußerungen: „Für Hetze gegen Schwule und Lesben fehlt mir jedes Verständnis und ich verurteile sie ganz entschieden.“

Latzel selbst sagte, er sei falsch verstanden worden und habe nichts gegen homosexuelle Menschen. Der Kirchenvorstand der St.-Martini-Gemeinde stellte sich an seine Seite. In einer Online-Petition forderten bis Freitagmorgen knapp 16.000 UnterstützerInnen, kein Disziplinarverfahren gegen ihn zu eröffnen.

Der 52-Jährige evangelikale Theologe ist schon öfter in die Kritik geraten, unter anderem, weil er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert hatte. Für bundesweite Schlagzeilen sorgten Latzel und die Gemeinde auch 2008, als sie einer Pastorin ihre Kanzel verwehrten. (epd/taz)

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