Jazzpianist Jamie Saft: Improvisation ist kostbar
Das Werk des Jazzpianisten Jamie Saft ist experimentell und klangmächtig. Mit Steve Swallow und Bobby Previte spielt der New Yorker auch in Deutschland.
Egal ob Jazz, Dubreggae oder Heavy-Metal, Jamie Saft ist einer der vielseitigsten und inspirierendsten Pianisten und Komponisten der zeitgenössischen New Yorker Downtown-Szene.
Seit den 1990er Jahren spielt der im Big Apple in einer jüdischen Familie aufgewachsene und dort von vielfältigten US-Popsounds geprägte Künstler mit Akteuren wie John Zorn, Bad Brains oder Roswell Rudd in zahlreichen Projekten zusammen. Saft leitet inzwischen auch eigene Combos, wie das Dub-Exotika-affine New Zion Trio und das Metal-Impro-Quartett Slobber Pup. Nach intensiver 25-jähriger Karriere legt der enorm fleißige Musiker ein neues Album vor: „You Don’t Know The Life“ ist sage und schreibe das 65. Album mit seiner Beteiligung!
Fährt man längere Zeit nördlich von New York auf der idyllischen Landstraße durch die Catskill Mountains, landet man an Safts neuem Lebensmittelpunkt, einem Haus nahe Woodstock. Von Einsiedelei keine Spur, denn der 48-Jährige richtete sich dort ein Studio ein. Zuletzt waren der Bassist Steve Swallow und der Schlagzeuger Bobby Previte für Aufnahmen da. Sie bilden mit Jamie Saft ein Trio und nahmen Basistracks des neuen Albums „You Don’t Know The Life“ (RareNoise) auf.
„Jede Möglichkeit, mit Kollegen zu improvisieren, ist kostbar. Sie sind meine Helden. Nur wenige Instrumentalisten haben dieses musikalische Niveau und die Weisheit, um vernünftig damit umzugehen. Ich gab allein die kompositorische Architektur vor, Steve Swallow und Bobby Previte haben sie dann auf ein anderes Level gehoben“, lobt Saft ehrfürchtig. Denn tatsächlich hat er kein linientreu improvisierendes Jazztrio am Start; er löst sich von dem Genre mit einer ungemein positiv und weitschwingenden eigenständigen Musik voller sanfter Luftströme und mysteriöser Relaxtheit.
Kein Weg vorbei an elektrischen Orgeln
Es ist bereits die dritte Kooperation dieses Gespanns, und es ist auch das dritte Mal, dass sie dabei etwas Neues ausprobieren, so wechselte Saft diesmal vom Klavier zur Orgel. Was dabei gleich geblieben ist, ist die Lockerheit, die sie an den Tag legen. Magie wirkt in keinem Moment erzwungen, sie ist einfach da und zieht die HörerInnen in Tongefilde, die mal meditativ, mal swingend oder in verschachtelten Passagen sich expressiven Ausbrüchen hingeben. „Letztlich sind sie nur weitere Stimmen, mit denen ich meine Musik mache, Auswahlmöglichkeiten in meinem Werkzeugkasten, jede Situation erfordert unterschiedliche Gerätschaften. Für das neue Album gab es nur die Option der elektrischen Orgelstimmen.“
Live: 16. April Laeiszhalle, Hamburg, 17. April Jazzclub Hannover, 26. April Kulturzentrum Gems, Singen, 27. April Bistro Paris, WeidenLive: 16. April Laeiszhalle, Hamburg, 17. April Jazzclub Hannover, 26. April Kulturzentrum Gems, Singen, 27. April Bistro Paris, Weiden.
Man hört hier einen anderen Orgelsound als den, der einst der am Groove orientierte Brother Jack McDuff pflegte. Jamie Saft geht in eine freiere Richtung, spielt auf ähnliche Art wie Sun Ra. Gemeinsam mit Steve Swallow und Bobby Previte fand er einen freien Zugang, dadurch klingt ihre Musik sogar psychedelisch oder auch kontemplativ, beinah so, als käme sie aus einer Kirche.
Bob Dylan und Joni Mitchell
Bei allen zehn Stücken sorgt das effektiv spielende Orgel-Bass-Schlagzeug-Trio für eine zuverlässige Struktur, sei es, wenn die Melodie ein zarter Walzer ist, wie beim Titelsong. „‚Alfie‘ von Burt Bacharach und ‚Moonlight in Vermont‘ stammen aus dem Great American Songbook und interessieren mich seit meiner Jugend. Sie sind die Hommage an meine Helden, an die, die noch bei uns sind, und an die bereits Verstorbenen.“
Jamie Saft, Steve Swallow, Bobby Previte: „You Don’t Know The Life“ (RareNoise/Cargo).
Nun kommt Jamie Saft mit seinem Trio nach Deutschland. Im Programm stehen auch Interpretationen einiger Songs von Joni Mitchell, Bob Dylan, und Miles Davis, die thematisch gegen Hass und Negativität gerichtet sind. Damit soll ein positives Zeichen gegen die Verhältnisse in den USA gesetzt werden.
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