Japans Opposition wittert Chance: Premier Kishidas Tage sind gezählt

Für Japans LDP werden Tokios Gouverneurswahl und Nachwahlen zum Lackmustest. Kichida droht die Gunst der eigenen Partei zu verlieren.

Die Gouverneurin von Tokio, Yuriko Koike, lächelt bei ihrer Ankunft bei einem Wahlkampf für die Gouverneurswahlen in Tokio

Yuriko Koike unterwegs im Wahlkampf für die Gouverneurswahlen in Tokio am Sonntag, dem 30. Juni 2024 Foto: Yoshio Tsunoda/imago

TOKIO taz | In Japan wächst der Druck auf Premierminister Fumio Kishida, im September keine weitere Amtszeit als Vorsitzender der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) mehr anzustreben. Traditionsgemäß müsste Kishida dann nach drei Amtsjahren auch als Regierungschef abtreten.

Der 66-Jährige hat eine erneute Kandidatur um den Parteivorsitz bisher nur angedeutet. Er wolle sich um vorrangig um politische Fragen kümmern, die keinen Aufschub dulden, formulierte Kishida.

Altgediente Parteigrößen fürchten, dass die LDP mit ihm an der Spitze die nächste Parlamentswahl, die bis Oktober 2025 stattfinden muss, verliert.

Kishidas Vorgänger als Regierungschef, ­Yoshihide Suga, sägte offen am Stuhl des Parteichefs: Die LDP müsse „ihre Marke erneuern“, um Vertrauen zurückzugewinnen. Kishida hätte die Verantwortung für den jüngsten Spendenskandal übernehmen müssen. „Wann wird er es tun? Wann wird er darüber sprechen?“ fragte Suga.

LDP-Abgeordnete kassierten verdeckte Provisionen

LDP-Abgeordnete hatten verdeckte Provisionen („Kick-backs“) von umgerechnet insgesamt 3,3 Millionen Euro aus dem Kartenverkauf für Spendenpartys erhalten und so schwarze Kassen gefüllt. Auch Kishidas eigene LDP-Fraktion praktizierte das. Darauf zwang der Premier die LDP-Parlamentarier, ihre internen Fraktionen aufzulösen und das Parteienfinanzierungssgesetz zu ändern.

Doch konnte Kishida nicht als Saubermann überzeugen. Die liberale Zeitung Mainichi kritisierte Schlupflöcher: „Die Revision ist eine bloße Notlösung, die den Namen politische Reform nicht verdient und die Menschen in Japan nur verhöhnt.“

Laut Umfrage der Zeitung Nikkei steht nur noch jeder vierte Wähler hinter Kishida. Der zieht auch seine Partei mit runter. Bei einer Wahl würde die LDP laut Umfrage der Zeitung Asahi nur noch 24 Prozent bekommen, die größte Oppositionspartei CDP schon 19.

Zwei Politikerinnen kämpfen um die Macht in Tokio

Der Test sind die Gouverneurswahl und die Nachwahlen von neun Abgeordneten in Tokio am kommenden Sonntag. Die LDP-nahe Gouverneurin Yuriko Koike, Japans mächtigste Politikerin, kämpft um eine dritte Amtszeit. Wegen ihrer frauen- und familienfreundlichen Politik würde die 71-Jährige unter normalen Umständen klar gewinnen. Aber überraschend kandidiert auch Renho Saito, die bekannteste Oppositionspolitikerin. Im Wahlkampf erhielt Renho, die nur ihren Vornamen benutzt, großen Zulauf.

Die 56-jährige versprach tiefgreifende Reformen für Tokio und Mietzuschüsse für kinderreiche Haushalte. Alle Regierungsprojekte sollen auf den Prüfstand. Renho will auch ein umstrittenes Bauprojekt in einer beliebten Grünanlage stoppen. Koike dementierte nicht, dass sie Spenden von den daran beteiligten Firmen bekam. Ihr Vorsprung in Umfragen schrumpfte.

Japans Opposition wittert jetzt nach Jahren der Bedeutungslosigkeit Morgenluft. Bei Nachwahlen im Frühjahr konnte Renhos Konstitutionelle Demokratische Partei (CDP) der LDP drei Mandate abnehmen.

Sollte Renho jetzt Koike stürzen und die LDP, bisher die führende Kraft im Stadtparlament vor Koikes Partei „Tokioter Bürger zuerst“, bei den Nachwahlen schlecht abschneiden, dürften die Rufe nach einem vorzeitigen Abgang Kishidas noch lauter werden.

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