piwik no script img

Jahreswirtschaftsbericht 2025Habeck warnt vor Grenzkontrollen

Die Bundesregierung senkt ihre Prognose für 2025 und 2026. Wirtschaftsminister Habeck warnt vor den Folgen ständiger Grenzkontrollen.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, stellt den Wirtschaftsbericht 2025 vor Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat vor den Folgen ständiger Grenzkontrollen gewarnt. Der europäische Binnenmarkt sei der „Stabilisator für das Wirtschaftswachstum in Deutschland“, sagte der Grünen-Politiker bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts am Mittwoch in Berlin. Eine Schwächung oder „gar Infragestellung“ des Binnenmarktes durch Unachtsamkeit oder durch Plan würde „tatsächlich die deutsche Wirtschaft herunterreißen“.

Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte nach dem Anschlag in Aschaffenburg unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen gefordert. Allerdings sind sie nicht nur rechtlich umstritten. Ex­per­t:in­nen warnen auch vor möglichen ökonomischen Folgen. Dass diese einen „gewaltigen Effekt“ haben könnten, „dürfte allen klar sein“, mahnte auch Habeck.

Aufgrund der anhaltenden Konjunkturschwäche mussten seine Öko­no­m:in­nen ihre Prognose für die Konjunktur in diesem und im kommenden Jahr bereits reduzieren. Gingen sie im Herbst noch von einem Wachstum von 1,1 Prozent für 2025 und 1,6 Prozent für 2026 aus, so sind es nun nur noch 0,3 beziehungsweise 1,1 Prozent. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaft bereits zum zweiten Mal in Folge leicht geschrumpft.

„Die globalen Krisen der vergangenen Jahre haben unsere industrie- und exportorientierte Volkswirtschaft besonders hart getroffen“, sagte Habeck. Zudem forderte er, dass „alle Anstrengungen“ unternommen werden müssten, damit der neue US-Präsident Donald Trump keine neuen Zölle auf EU-Importe erhebe.

Ex­per­t:in­nen warnen vor möglichen ökonomischen Folgen

„Angesichts der Exportorientierung Deutschlands sowie der engen Handels- und Produktionsverflechtung mit den USA wären im Falle von US-Zollerhöhungen spürbare direkte und in­direkte negative Auswirkungen auf die deutsche Außen- und Gesamtwirtschaft zu erwarten“, schreiben dazu Habecks Ex­per­t:in­nen im Jahreswirtschaftsbericht.

Diese Sorge haben auch Öko­no­m:in­nen. „Die wirtschaftspolitische Lage ist angesichts der an­stehenden Bundestagswahl unsicher, außenwirtschaftlich belasten nach dem Amtsantritt von US-Präsident Trump Handelsrisiken und geopolitische Spannungen die Konjunkturaussichten“, erklärte die Kon­junkturexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) am Dienstag, Geraldine Dany-Knedlik.

Dabei könnten die von Merz ins Spiel gebrachten Grenzkontrollen laut DIW-Einschätzungen noch größeren Schaden anrichten: „Der Versuch von Grenzschließungen würde nicht nur die deutsche Wirtschaft durch Unterbrechungen bei den Lieferketten empfindlich schwächen, sondern auch durch eine Verschärfung des Arbeitskräftemangels, da viele Menschen für ihre Arbeit von und nach Deutschland pendeln“, warnte DIW-Präsident Marcel Fratzscher im Netzwerk Linkedin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Dass es im Zug Wien-Hamburg in Passau seit 2025 (!) strenge Grenzkontrollen gibt und Polizisten mitten in der Nacht durch alle Abteile wandern während der Zug bis zu 45 min. dort steht, ist Habeck entgangen, oder?

    • @Angelika70:

      Natürlich meinte ich 2015...

  • "Dabei könnten die von Merz ins Spiel gebrachten Grenzkontrollen laut DIW-Einschätzungen noch größeren Schaden anrichten: „Der Versuch von Grenzschließungen würde nicht nur die deutsche Wirtschaft durch Unterbrechungen bei den Lieferketten empfindlich schwächen, sondern auch durch eine Verschärfung des Arbeitskräftemangels, da viele Menschen für ihre Arbeit von und nach Deutschland pendeln“, warnte DIW-Präsident Marcel Fratzscher im Netzwerk Linkedin."



    /



    Dem steht ein gewaltiger Aufwand an Personal bei den Kontrollen gegenüber. Die Bundespolizei wird keine unüberwindbaren Schranken aufbauen. Schleuser arbeiten auf Erfolgsbasis, die sind gewieft.



    /



    "Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht keinen Grund zum Feiern. Sie hatte schon Mitte September kritisiert, dass die Rahmenbedingungen für die geforderten Kontrollen gar nicht gegeben seien. Vor allem mangele es bei der zuständigen Bundespolizei an Personal. Die Polizistinnen und Polizisten seien "am Limit", hieß es damals in einer Mitteilung. Außerdem fehle es an einer passenden Ausstattung für die Einsätze."



    Quelle swr.de



    Vielleicht sollten diese Szenarien auch im Hinblick auf Machbarkeit und Bezahlbarkeit kritisch überprüft werden.

  • naja, die Grenzkontrollen würden noch eins draufsetzen, sind aber bestimmt nicht der Grund für die wirtschaftliche Misere in diesem Land. Das ist allein der dt Sparfetischismus und der verbissene libertär ausgeprägte Neoliberalismus quer durch alle Parteien, diese Kombi verbietet in Wirtschaft zu investieren, um Anreize zu setzen, weil Markt ist gleich Gott und Gott weiß alles. Die jahrelange Fixierung auf den Export und die Vernachlässigung der Binnenwirtschaft, bei gleichzeitiger Protektion von alten Wirtschaftszweigen und die Verhinderung von Innovation und Veränderung, führen zu politischem Extremismus und einer wirtschaftlichen Sackgasse, die sich nun, wo sich außenpolitisch echte Grenzen für den Exportismus auftun, so richtig zu Tage treten und möglicherweise der Nackenschlag für die dt Wirtschaftsmacht sein können.



    die afd freut`s.