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Jahrelang auf der FluchtIndischer Diamantenhändler Mehul Choksi gefasst

Er galt als einer der meistgesuchten Betrüger Indiens. Nun wurde der Diamantenhändler Choksi in Antwerpen festgenommen. Seine Auslieferung ist ungewiss.

Mehul Choksi im Jahr 2010 in New Dehli Foto: imago

Mumbai taz | Die Proteste waren laut, die An­le­ge­r:in­nen der indischen Punjab National Bank (PNB) am Boden zerstört. Sie demonstrierten vor einer Filiale in der Wirtschaftsmetropole Mumbai, als 2018 ein Skandal um illegale Überweisungen aufflog. Der Schaden: umgerechnet 1,8 Milliarden US-Dollar. Die beiden Männer dahinter: die westindischen Diamantenhändler Mehul Choksi und sein Neffe Nirav Modi, die sich bereits im Ausland befanden. Vergangene Woche konnte der seitdem flüchtige 65-jährige Choksi in Antwerpen gefasst werden, wo er sich angeblich medizinisch behandeln ließ.

Jahre zuvor hatten die beiden nicht nur den Wert seltener Edelsteine durch Scheinverkäufe künstlich in die Höhe getrieben. Mithilfe von Angestellten erschlichen sie sich jahrelang zudem illegale Kredite von der PNB. Das Geld floss laut Bankangaben über Dritte ins Ausland. Das hatte Folgen: Die indische Regierung musste finanziell einspringen. Es war der größte Betrugsfall in der indischen Bankengeschichte. Wie es dazu kommen konnte, wurde zum Politikum. Oppositionelle Parteien protestierten mit.

Seitdem versuchte die indische Bundes­polizei CBI, die beiden zu fassen. Nirav Modi, nicht verwandt mit dem indischen Premierminister Narendra Modi, wurde 2019 in Großbritannien festgenommen. Die dortigen Behörden erklärten, die Festnahme sei im Auftrag der indischen Justiz erfolgt, die eine Auslieferung beantragt habe. Zwar hat ein britisches Gericht entschieden, dass Modi ausgeliefert werden kann, geschehen ist dies bisher aber nicht.

Choksi, der in der Diamantenbranche zwar gut vernetzt war, aber einen fragwürdigen Ruf hatte, verbracht seine Zeit auf einer Karibikinsel der britischen Ex-Kolonie Antigua und Barbuda. 2017 erwarb er dort mit viel Geld die Staatsbürgerschaft. Antigua verweigerte seine Auslieferung an Indien.

Anwalt möchte Ausweisung anfechten

Obwohl er als einer der meistgesuchten Betrüger Indiens gilt, ist seine Rückführung ungewiss. Dem Mann, der einst einer der größten Diamantenhändler des Landes war, werden kriminelle Verschwörung, Geldwäsche, Korruption und mehrfacher Betrug vorgeworfen. Bereits 2013 soll er in Börsenmanipulationen verwickelt gewesen sein. Er leitete die inzwischen liquidierte Gitanjali Group mit 4.000 Juweliergeschäften in Indien. Choksi soll auch Woh­nungs­käu­fe­r:in­nen betrogen haben, die vergeblich auf ihre Immobilie von Gitanjali warteten.

Sein Anwalt erklärte diese Woche, sein an Krebs erkrankter Mandant befinde sich „nicht auf der Flucht“. Er stehe in Kontakt mit den Behörden und kooperiere. Seine Verhaftung und eine Auslieferung nach Indien, wo unmenschliche Haftbedingungen herrschen, würden angefochten. Aktuelle Aufnahmen zeigen ihn im Rollstuhl. Sein Anwalt betonte, es bestehe keine Fluchtgefahr, und sprach von einem „politischen Fall“.

Aus Kreisen der regierenden hindunationalistischen Volkspartei BJP heißt es, die Regierung verfolge eine Nulltoleranzpolitik gegenüber flüchtigen Korruptionsverdächtigen. Premier Modi habe klargestellt, dass Betrüger den Armen ihr Geld zurückgeben müssten. Die Ermittlungsbehörde ED kündigte an, Choksis Auslandsvermögen in zehn Ländern zu beschlagnahmen.

Er­mitt­le­r:in­nen beantragten schon vor Jahren, Choksi als „flüchtigen Wirtschaftskriminellen“ einzustufen. Gelingt das, wird es leichter, Vermögen im In- und Ausland zu beschlagnahmen.

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