Italiens neuer Regierungschef: Renzi gewinnt Vertrauensabstimmung
Nach einer stundenlangen Debatte erhält Italiens neuer Ministerpräsident Matteo Renzi das Vertrauen des Senats. Nun steht seinen Reformplänen fast nichts mehr im Wege.
ROM afp | Italiens neuer Regierungschef Matteo Renzi hat seine erste Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen und den Willen zu „radikalen und sofortigen“ Reformen bekräftigt. Nach einem flammenden und größtenteils improvisierten Plädoyer für einen proeuropäischen Kurs seines Landes stellte sich der Senat in der Nacht zum Dienstag mit 169 zu 139 Stimmen hinter den Sozialdemokraten. Am Abend will sich Renzi auch das Vertrauen der Abgeordnetenkammer sichern.
Vor dem Oberhaus des Parlaments in Rom gelobte der 39-Jährige eine Reform des Steuersystems, Arbeitsmarkts und Verwaltungsapparats, um der schwächelnden Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen. „Wenn wir diese Bewährungsprobe verlieren, wird der Fehler allein auf meiner Seite liegen“, betonte der jüngste Ministerpräsident in Italiens Geschichte bei seiner einstündigen Rede, die von den Oppositionsbänken mit Spott und Beleidigungen quittiert wurde. „Niemand hat jetzt noch ein Alibi“, fügte Renzi hinzu.
Die Schuld dafür, dass sich Italiens Schuldenstand inzwischen auf 130 Prozent der Wirtschaftsleistung beläuft, suchte der Regierungschef demonstrativ im eigenen Land. „Es sind nicht Angela Merkel und Mario Draghi, die von uns verlangen, unsere öffentlichen Finanzen in Ordnung zu bringen“, sagte Renzi mit Blick auf die Bundeskanzlerin und den Präsidenten der Europäischen Zentralbank. „Wir müssen es tun aus Respekt gegenüber unseren Kindern, aus Respekt gegenüber denen, die nach uns kommen.“ Die Kurse an der Mailänder Börse legte nach diesen Worten bis zum Geschäftsschluss prompt um 0,48 Prozent zu.
Seinen Landsleuten versprach Renzi zudem, innerhalb von Monaten zweistellige Steuererleichterungen zu schaffen und die Schulden der öffentlichen Hand bei ihren Auftragnehmern abzuzahlen. Überdies wolle er die Arbeitslosenunterstützung überprüfen, einen Garantiefonds für bedürftige Kleinunternehmen gründen und die bisweilen als ineffizient verrufene Justiz des Landes reformieren.
Darüber hinaus nutzte Renzi die Gelegenheit, ein klares Bekenntnis zu Europa abzulegen: „Die proeuropäische Tradition repräsentiert das Beste von Italien und ist seine Sicherheit, eine Zukunft zu haben.“ Dabei müsse allen klar sein, dass die Europäische Union nicht die böse „Stiefmutter“ Italiens sei.
Am Dienstagabend steht dem Hoffnungsträger der Linken eine weitere Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus bevor, wo die Mehrheit seiner Koalition deutlicher ausfällt als im Senat. Allerdings sehen politische Beobachter dem Votum dennoch mit Spannung entgegen, da der Stimmenvorsprung als Signal dafür gewertet werden dürfte, wie viel politischen Rückhalt Renzis Koalition aus linken und rechten Kräften in den eigenen Reihen genießt – und ob sie ihr Mandat tatsächlich bis 2018 erfüllen kann.
Öffentlichkeitswirksame Unterstützung für seinen angekündigten Reformkurs bekam Renzi am Montag aus Washington: US-Präsident Barack Obama rief seinen italienischen Kollegen an und sicherte ihm nach Angaben des Weißen Hauses ein Treffen in Rom zu. Stattfinden soll es im März, wenn Obama auch Papst Franziskus trifft.
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