Israelischer Spielfilm auf Arte: Spezialeinheit gegen Revoluzzer
Israelische Elite-Polizisten und junge Revolutionäre in einem Szenario ohne Hoffnung: „Der Polizist“ erzählt von dem unsäglichen Spiel mit der Gewalt.
Geht eine junge Frau am Abend in einen Club. Überprüft der Türsteher ihre Handtasche. Nur eine Pistole, kein Problem, die Frau kann rein. Was müsste sie wohl in ihrer Tasche haben, um abgewiesen zu werden? Noch ein paar Handgranaten zusätzlich?
Die Szene spielt in Tel Aviv. Von Berlin aus gesehen wirkt sie bizarr, aber sie steht in der Mitte eines Films, der eine dezidiert dokumentarische Ästhetik pflegt. Und damit offenbar sagen will, dass das, was man hier sehe, ganz realistisch sei – so sehe es in Israel heute aus.
Der zweite Handlungsstrang von „Der Polizist“: Yaron (Yiftach Klein) und seine Anti-Terror-Eliteeinheit. Gestählte Typen in Muscle-Shirts – da werden noch die paar Sekunden im Fahrstuhl für ein paar Klimmzüge zwischendurch genutzt. Alles an ihnen ist körperlich, homoerotische Begrüßungsrituale. Eine eingeschworene Gemeinschaft, ein Männerbund, einer für alle. Sie haben eine Liquidierung vermasselt, zu viele Menschen getötet, auch ein Kind. Es gibt eine Untersuchung. Einer von ihnen hat einen Tumor, er muss die ganze Schuld auf sich nehmen. Yaron erklärt es ihm: „Du kannst wegen der Therapie an keiner Verhandlung teilnehmen. Bis dahin ist alles verjährt.“ Die Polizisten sind selbst Familienväter, doch ein totes Araberkind weckt bei ihnen keine Skrupel.
„Der Polizist“ ist nicht der erste Spielfilm über eine Polizei-Spezialeinheit: Dominik Grafs „Die Sieger“, der Berlinale-Gewinner „Tropa de Elite“, gerade im vergangenen Jahr „Wir waren Könige“. Das Motiv Spezialeinheit schreit nach Action. In diesem Punkt jedoch erweist sich der 1975 geborene Autor und Regisseur von „Der Polizist“, Nadav Lapid, in seinem ersten Langfilm als Totalverweigerer. Eine schnelle, heimtückische Liquidierung von hinten, danach sieht der Zuschauer die Einheit nur noch einmal im Einsatz. Das heißt – er sieht nichts. Die Profis schalten den Strom, das Licht aus. Sie haben Nachtsichtgeräte, ihre Gegner nicht. Das ist als Strategie sofort plausibel, hat man aber so im Film noch nicht gesehen: Der Bildschirm bleibt einfach nur schwarz, es fallen die tödlichen Schüsse. 15 Sekunden Dunkelheit. Erledigt.
Sie haben Pistolen, sie haben einen Plan
Nach der Hälfte des Films beobachtet die junge Frau aus dem Club (Yaara Pelzig), wie eine Gruppe Punks ihren Kleinwagen demoliert. In der folgenden Szene wird klar, dass sie einer Gruppe angehört, für die sie das Manifest formuliert: „Es wird Zeit, dass die Armen reicher werden. Es wird Zeit, dass die Reichen sterben...“ Von Sozialprotesten, von den hohen Mieten und Lebenshaltungskosten im Land der Kibbuzim, von Puddingpreisen dreimal so hoch wie in Berlin hat man gehört. Die junge Frau und ihre Freunde sind Anfang zwanzig, sie haben Pistolen, sie haben einen Plan, sie wollen „die Weltordnung zu Fall bringen“.
Nadav Lapid erzählt seine zwei Handlungsstränge um gewaltbereite Profis und Amateure nicht parallel, sondern nacheinander. Erst ganz am Ende führt er sie zusammen, und es ist klar, wie das nur enden kann. Strenge der Form und Zwangsläufigkeit der Handlung, sie sollen einander entsprechen. Nadav Lapid will viel und hat ein selten konsequentes Debut hingelegt. Das unerbittliche, illusionslose Sittenbild einer Gesellschaft, die sich seit 20 Jahren, mit Unterbrechungen, auf einen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu festgelegt hat.
„Polizisten, Ihr seid nicht unsere Feinde! Polizisten, auch Ihr werdet unterdrückt!“, ruft die junge Frau immer wieder in ihr Megaphon. Eine Botschaft, die nicht ankommt: Die Polizisten zucken nur mit den Achseln, weil sie ausnahmsweise keine Araber liquidieren sollen.
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