Israelischer Schwulenverband über Angriff: "Es ist unfassbar"
Itzik Zror vom israelischen Lesben- und Schwulenverband in Tel Aviv ist geschockt. Sie dürften jetzt nicht ausruhen im Kampf um Gleichberechtigung, sonst würde der Mörder bekommen was er wollte.
taz: Herr Zror, hat es vor dem Anschlag am Samstag Drohungen gegen die Gemeinde der Schwulen und Lesben gegeben?
Itzik Zror: Es gab weder Drohungen noch Vorwarnungen. Wir stehen hier alle unter Schock und können noch überhaupt nicht fassen, was passiert ist.
Ist das Zentrum in irgendeiner Form gegen Überfälle gesichert?
Nein. Wir hatten nicht das Gefühl, dass das nötig ist. Wenn es in Israel überhaupt zu Gewalt kommt, dann fast immer nur in verbaler Form und politischer Hetze. Abgesehen von dem Messerüberfall vor vier Jahren in Jerusalem, als während einer Gay-Parade drei von uns verletzt wurden. Dass hier in Tel Aviv jemand vorbeikommt und uns beschimpft, hat es seit Jahren nicht mehr gegeben.
Was findet samstagabends im Gemeindezentrum statt?
Wir veranstalten regelmäßig einen gesellschaftlichen Jugendclub, der sich an die 16- bis 21-Jährigen wendet. Meistens kommen zwischen 30 und 40 junge Schwule und Lesben, reden und holen sich Rat von geschulten älteren Mitarbeitern oder sie spielen Gesellschaftsspiele.
Könnte es sein, dass der Täter selbst schwul ist?
Wir wissen vorläufig nichts über das Motiv. Die Polizei hat eine Nachrichtensperre verhängt.
Wenn man in Israel mit einem Angriff auf die Schwulen- und Lesbengemeinde rechnen musste, dann in Jerusalem. Warum passiert so etwas ausgerechnet im liberalen Tel Aviv?
Wir verstehen es selbst nicht. Die Lesben und Schwulen werden von der Stadt unterstützt, es gibt Organisationen, Treffpunkte, die Paare gehen Hand in Hand auf der Straße, ohne Angst haben zu müssen, es ist einfach unfassbar.
Haben sich die Schwulen und Lesben vielleicht mit den riesigen Paraden in Tel Aviv zu weit vorgewagt?
Wer das behauptet, gibt dem Täter Recht. Die Paraden zielen auf nichts anderes als Gleichberechtigung. Der Anschlag ist für uns ein Schlag ins Gesicht und zeigt, dass wir uns nicht ausruhen dürfen. Was wir erreicht haben, ist längst nicht genug.
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