piwik no script img

Israelischer General über syrische Waffen„Die unmittelbare Gefahr ist gering“

Der israelische Militärstratege Schlomo Brom hält die Bedrohung durch syrische Chemiewaffen nicht für eine akute Bedrohung. Nach einem Sturz Assads werde sich das aber ändern.

Die syrischen Rebellen. Was würden sie mit den Chemiewaffen machen? Bild: dapd

taz: In Israel wird jüngst die Sorge vor syrischen Chemiewaffen und der Gefahr, sie könnten in die falschen Hände geraten, laut. Über welche Stoffe verfügt das syrische Regime?

Schlomo Brom: Wir haben es vor allem mit dem Nervengas Sarin und VX zu tun sowie mit einer Art von Senfgas, das die Haut angreift.

Wie akut ist die Bedrohung für Israel?

Ich gehe davon aus, dass keine unmittelbare Gefahr besteht, schon weil sich die meisten Nervengase aus zwei relativ harmlosen chemischen Komponenten zusammensetzen, die erst in der Kombination gefährlich sind. Unseren Informationen nach wird sehr auf eine Trennung der Stoffe geachtet. Sie werden an verschiedenen Orten gelagert. Außerdem hat die syrische Armee zusätzliche Vorsorgemaßnahmen eingeleitet. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Waffen auch für Syrien selbst gefährlich werden können, sollten sie in die Hände der Rebellen fallen.

Halten Sie es für denkbar, dass Präsident Baschar al-Assad die Waffen möglicherweise als letzten Versuch, sich selbst zu retten, gegen Israel einsetzen könnte?

Das glaube ich nicht. Assads Regierung würde dadurch nichts gewinnen. Der syrischen Führung geht es nicht um die Zerstörung Israels, sondern um das eigene Überleben, als Regierung und als Individuum.

Schlomo Brom

ist Brigadegeneral a. D. Brom war früher Direktor der militärischen Strategieplanungsdivision im israelischen Generalstab. Heute gehört er zum Institute for National Security Studies, einem führenden israelischen Thinktank.

Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass die Waffen an die libanesische Hisbollah geleitet werden?

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Waffen der Hisbollah übergeben werden, ist gering. Es gibt keinen Präzedenzfall für den Transfer chemischer Waffen aus staatlichem Besitz an eine nichtstaatliche Organisation. Umgekehrt ist sehr fraglich, ob die Hisbollah überhaupt daran interessiert wäre, die Verantwortung für chemische Waffen zu übernehmen, die gegen eine gut geschützte Bevölkerung wie die israelische doch kaum etwas ausrichten können.

Gut geschützt?

Mit Hilfe von Gasmasken und luftversiegelten Schutzräumen kann wenig passieren.

Blieben noch immer die Rebellen. Was, wenn sie die Kontrolle über die Waffenlager gewinnen?

Davon ausgehend, dass Assad tatsächlich fällt, wäre das die wahrscheinlichste Option. Die Truppen der Opposition stehen nicht unter einem zentralen Kommando. Nach einem Regierungssturz wird die Lage außer Kontrolle geraten. Die verschiedenen Gruppen werden versuchen, sich das Chaos zunutze zu machen, um die Waffenlager zu übernehmen. Um Chemiewaffen einsetzen zu können, müssten die Rebellen jedoch in den Besitz der verschiedenen Komponenten geraten, also mehrere Waffenlager gleichzeitig unter ihre Kontrolle bringen. Außerdem bräuchten sie Boden-Boden-Raketen oder Flugzeuge, um Israel anzugreifen.

Ich schätze die unmittelbare Gefahr als gering ein. Langfristig besteht die Bedrohung, dass Terrorgruppen versuchen werden, selbst C-Waffen herzustellen, sollten die einzelnen Komponenten der Nervengifte auf dem schwarzen Markt gehandelt werden.

Was sollte unternommen werden, um das zu verhindern?

Ich halte es für sinnvoll, dass sich die USA und ihre Verbündeten auf die Notwendigkeit vorbereiten, nach einem Sturz Assads die Kontrolle über die Waffenlager zu übernehmen. Die Anlagen liegen, soweit wir wissen, in kleinen, abgelegenen Ortschaften. Eine Übernahme und Bewachung dürfte deshalb nach dem Zusammenbruch der syrischen Armee, nicht mehr allzu schwierig sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • G
    Gonzi

    Man fragt sich trotzdem, was Netanjahu und Co an Innen- und Außenpolitischen Taten vollbringen würden, wenn es ihnen nicht gelänge immer wieder mit ihrer Iranhysterie in Erscheinung treten zu dürfen.

     

    Oder ist es nicht gerade ihre Absicht, ansonsten alles gerne so weiterlaufen zu lassen wie bisher?

  • B
    bull

    Richtig erkannt.Die Gefahr die durch den illegalen Staat Israel ausgeht ist um einiges grösser.

  • I
    I.Q

    "Die unmittelbare Gefahr ist gering"

     

    ja das liest man doch gern, erst recht von einem israelischem General.

  • MJ
    margret johannsen

    eine wohltuend nüchterne einschätzung. allerdings: der erschreckend fahrlässige umgang der us-besatzungmacht mit den funden chemischer kampfstoffe im irak spricht nicht dafür, dass die usa die kontrolle über die syrischen chemiewaffenarsenale in einer nach-assad-ära übernehmen sollten. hierfür wären die im rahmen der chemiewaffenkonvention geschaffenen internationalen institutionen besser geeignet. der zn-sicherheitsrat könnte für die erteilung eines entsprechenden mandats jetzt schon vorbereitungen treffen.

    p.s. und grüße an wer immer für die recherche über syriens chemiewaffen in der taz printausgabe vom 22.8.2012 "Syriens Chemiewaffen" verantwortlich ist. irak hat während des iran-irakkriegs 1980-1988 gegen iran chemiewafffen eingesetzt, nicht aber 1994/95.

  • H
    Harald

    @Sebastian

     

    sprich nicht von "wir Deutschen". Angemessener wäre von 'wir Tazleser' zu sprechen, wenn es um fundierte und berechtigte Israelkritik geht, die nichts mit dem widerwärtigsten Schmier-Antisemitismus zu tun hat, den Judenhasser nur in der Lage sind, zu verbreiten und auszuleben.

     

    Wenn du sagst: "Die nächszen Jahre werden für die Juden recht arbeitssam werden, um die Schäden wiedergutzumachen." -

    fallen mir spontan gewisse "Jedem Das Seine" Institutionen der Wiedergutmachung ein, deren Wiederbelebung an der Stelle die wünschenswerte Maßnahme wäre, nicht?

     

    Nach allem, was Juden bisher Deutschland und der Welt angetan haben, ist dein Wunsch "... das noch genug Israelis überleben um zu arbeiten." - ein Hoffnungsschimmer für Frieden und Gerechtigkeit und zeigt den humanen Charakter der deutschen Israelkritik.

  • OR
    Opa Rodenwald

    Logische Konsequenz dieser Aussagen: Will Israel in Frieden leben, sollte es Assad dringendst unterstützen!

  • P
    Panzerknacker

    "Der israelische Militärstratege Schlomo Brom hält die Bedrohung durch syrische Chemiewaffen nicht für eine akute Bedrohung."

    Ne, das sind natürlich Israel, die USA und die NATO-Verbrecher.

     

    " Nach einem Sturz Assads werde sich das aber ändern."

    Klar, wie in Libyen.

     

     

    Die widerlichen, verlogenen Artikel der taz können einen nur noch nerven! Wer zahlt für so einen Dreck auch noch?

  • R
    R.J

    Mal sehen, ob sich Salomon Brom auch an der nüchternen Betrachtung festhält, wenn politische Erfordernisse es der israelischen Politik angezeigt erscheinen lassen, eine Beschwörung unmittelbarer Gefahr ins Spiel zu bringen.

     

    Schließlich gab es auch mal die Erkenntnis, dass ein atomarer Angriff des Iran auf ein zu befreiendes Palästina keinen Sinn macht,

    da dabei auch hunderttausende Palästinenser wie auch eine der heiligsten Stätten des Islam bedroht wären und an eine Rückkehr von Flüchtlingen in die dabei verstrahlten Zonen auch nicht zu denken wäre.

     

    Aber bei Bedarf unterdrückt man dann derlei Erkenntnisse lieber.

  • H
    Harald

    Schlomo Brom ist insofern zuzustimmen, daß derzeit B und C Waffen aus Syrien wohl keine akute Bedrohung für Israel darstellen.

     

    Bei der Begründung kommt allerdings eine mixed Message. Einmal sagt er: "Die verschiedenen Gruppen werden versuchen, sich das Chaos zunutze zu machen, ... "

    um dann zu schließen: "Eine Übernahme und Bewachung dürfte deshalb nach dem Zusammenbruch der syrischen Armee, nicht mehr allzu schwierig sein."

     

    Wie dem auch sei, das Riesengeschrei, das dann hier ausbricht, sollten Truppen des Westens die Giftschränke unter ihre Kontrolle bringen, mag man sich gar nicht vorstellen.

     

    Die Hezbollah wird, wenn dort noch ein Gramm Restverstand vorhanden sein sollte, das Zeug schon aus Selbsterhaltungstrieb nicht anrühren. Abgesehen davon wartet man dort sowie auf die Belieferung mit dem Anfangsbuchstaben der Teheraner Cousins.

  • S
    Sebastian

    Gegen VX helfen keine ABC Schutzmasken.

     

    Der Iran verfügt ebenfalls über VX.

     

    Israel sollte 2 mal überlegen wem er droht, denn wenn der Schuss nach hinten losgeht werden auch wir Deutsche

    saftige Reperaionen fordern die sich gewaschen haben werden.

     

    DH Rückforderung aller jemals gezalten Gelder an ISrael. Ich hoffe das noch genug Israelis überleben um zu arbeiten.

     

    Die nächszen Jahre werden für die Juden recht arbeitssam werden, um die Schäden wiedergutzumachen.

     

    Alleine dem Deutschen Staat schuldet Israel rund 100.000.000 €