Israelische Gaza-Offensive: 16 Tote bei Angriff auf UN-Schule
Ein UNO-Mitarbeiter sagt, man habe Israel „17-mal“ informiert, dass Flüchtlinge in der Schule sind. Zivilisten starben als eine Granate auf einem Markt einschlug.
JERUSALEM taz/dpa | Zum zweiten Mal innerhalb von nur einer Woche geraten die Schwächsten der Schwachen ins Feuer der Panzerkanonen: Mindestens 16 Palästinenser, die auf Anweisung der Armee aus ihren Häusern geflohen waren, sind bei einem Angriff auf eine UN-Schule getötet worden, in der sie Unterschlupf gesucht hatten.
Die Tragödie ereignete sich Mittwoch früh im Dschabalija-Flüchtlingslager im Norden des Gazastreifens. Eine Armeesprecherin erklärte, der Vorfall werde untersucht.
Schon am Donnerstag letzter Woche waren 15 Menschen bei dem Beschuss einer UN-Schule in Khan Yunis ums Leben gekommen. Die Armee bestritt, für die Toten verantwortlich zu sein. Nach ihrer Aussage war nur eine fehlgeleitete Panzergranate auf einen „menschenleeren Hof“ der Schule in Khan Yunis eingeschlagen.
Am Mittwochnachmittag ließ die israelische Armee zunächst in weiten Teilen des Gazastreifens für vier Stunden die Waffen ruhen. Die Hamas lehnte eine Feuerpause ab. Bei einem Artillerieangriff sind in der Stadt Gaza am Mittwoch mindestens 15 Palästinenser getötet worden. Weitere 160 Menschen erlitten Verletzungen, teilten die palästinensischen Rettungsdienste in Gaza mit. Eine israelische Granate habe einen Markt im umkämpften Stadtteil Sadschaija getroffen, hieß es weiter. Eine israelische Armeesprecherin erklärte, das Militär werde den Vorfall prüfen.
Tunnel der Terrorkommandos
Offiziell liegt die Zahl der Flüchtlinge mittlerweile bei rund einer Viertelmillion. Inoffiziell dürften es rund doppelt so viele Menschen sein. Die Armee warnt die Bevölkerung jeweils vor geplanten Angriffen. Immer größer werden jedoch die Regionen, in denen Luftwaffe, Marine und Panzerbataillone Jagd auf die Islamisten machen.
Ziel ist es, die geheimen Tunnel zu zerstören, durch die die Terrorkommandos der Hamas aus dem Gazastreifen nach Israel geschleust werden könnten. Die Armee will eine drei Kilometer breite Pufferzone im Grenzgebiet schaffen. Damit würden rund 44 Prozent des Gazastreifens unbewohnbar.
Die Palästinenser, die dem Aufruf der Armee folgen, ihre Häuser zu verlassen, gehen in der Regel zuerst zu Verwandten. Manche suchen in oder dicht bei Krankenhäusern Unterschlupf; viele übernachten unter freiem Himmel in Parkanlagen.
Nur ein Teil findet Platz in Schulen und Sporthallen. Die UNRWA (United Nations Relief and Works Agency) für palästinensische Flüchtlinge versorgt allein im Gazastreifen rund 1,2 Millionen Menschen mit Lebensmitteln, Schulen und Kliniken.
Im Gazastreifen gibt es keinen sichereren Ort für die Menschen – und raus können sie auch nicht: Ägypten hält die Grenze für den Personenverkehr noch immer geschlossen.
Frauen und Kinder schlafen in Klassenzimmern
„17-mal“, so erklärte UNRWA-Sprecher Christopher Gunness in Jerusalem gegenüber der BBC, sei Israel darüber informiert worden, dass sich in der UN-Schule von Dschabalija Palästinenser aufhalten, die in den vergangenen drei Wochen ausgebombt wurden und nicht in ihre Häuser zurückkönnen.
Getroffen wurden bei dem Granatenangriff zwei Klassenzimmer und ein Toilettenraum. Die Flüchtlinge teilen sich die Räume nach Geschlechtern auf: Frauen und Kinder schlafen in den Klassenzimmern, die Männer bleiben gewöhnlich auf den Fluren.
Die israelische Armee rechtfertigt den Beschuss damit, dass aus den UN-Einrichtungen auf die Soldaten gefeuert worden war. In einem Interview mit der BBC erklärte Armeesprecher Peter Lerner, dass auch aus der Schule im Dschabalija-Flüchtlingslager Mörsergranaten abgeschossen worden seien. In mindestens drei Fällen, so Lerner, sei bewiesen worden, dass „die Hamas in UN-Einrichtungen Raketen versteckt hält“.
Eine am Dienstag vom „UN-Nachrichtenzentrum“ veröffentlichte Meldung bestätigt, dass die UNRWA in einer ihrer Schulen im Zentrum von Gaza ein geheimes Waffenlager gefunden habe. „Wir verurteilen die Gruppen, die das Leben von Zivilisten in Gefahr bringen, indem sie Munition in unseren Schulen lagern“, kommentierte Christopher Gunness. Die fragliche Schule war bislang noch nicht für die Flüchtlinge geöffnet worden.
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