Israelisch-palästinensischer Konflikt: Schwangere und Kind getötet
Im Zuge der jüngsten Gewaltwelle setzen Palästinenser Messer und kaum Schusswaffen ein, obwohl es viele gibt. Die Attentäter sind oft Amateure.
Der Angriff folgte auf schwere Auseinandersetzungen im Grenzgebiet zwischen Gaza und Israel. Neun Palästinenser wurden am Wochenende erschossen, nachdem es Demonstranten gelungen war, die Grenzanlagen zu durchbrechen.
Im Westjordanland zog sich ein israelischer Polizist leichte Verletzungen zu, als eine 31-jährige Palästinenserin an einem Kontrollpunkt nahe Jerusalem ihr Auto unter „Allah ist groß“-Rufen mit einem Gascontainer in Brand setzte.
Es war der bislang erste Brandanschlag während der aktuellen Eskalationen. Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan zitierte einen Augenzeugen, der die Version eines Attentates abstritt. Stattdessen sei das Feuer in dem Fahrzeug durch ein elektrisches Problem ausgelöst worden.
Die meist sehr jungen Attentäter, die fast alle auf eigene Initiative agieren, greifen in der aktuellen Gewaltwelle ihre Opfer fast immer mit Messern an. In den meisten Fällen kommt es dabei zu leichten Verletzungen, ehe die Angreifer selbst „neutralisiert“ werden, so der Terminus der israelischen Sicherheitskräfte, der oft den Tod des Angreifers bedeutet.
„Zentrale Plattform dessen, was passiert, sind die sozialen Netzwerke“, erklärte Harel Chorev, Nahost-Experte am Mosche-Dayan-Zentrum der Tel Aviver Universität, gestern auf telefonische Anfrage. Vor allem die Hamas, die „im Westjordanland wegen der Kontrolle durch den palästinensischen Sicherheitsapparat und das israelische Militär große organisatorische Probleme hat“, greife auf die Massenkommunikation per Internet zurück. Facebook, Twitter, aber auch Smartphone-Applikationen dienten den Islamisten „sowohl zur Propaganda als auch bei der Organisation der Proteste“.
Das Feuer ersticken
Nach Informationen der liberalen Tageszeitung Ha’aretz gehen die israelischen Nachrichtendienste davon aus, dass die palästinensische Führung derzeit alles daransetzt, um „das Feuer zu ersticken“. Die palästinensische Polizei habe zugesagt, „Unruhen an Reibungspunkten“ zwischen Soldaten und Demonstranten zu unterbinden, zitiert die Zeitung Armeeangehörige.
In nahezu jedem zweiten Haushalt im Westjordanland gibt es eine Pistole, trotzdem ist im Verlauf der akuten Krise erst einmal geschossen worden. Die Lektion der zweiten Intifada, die „für die Palästinenser mit einem kompletten Chaos endete“, sei, meint der Nahost-Experte Chorev, Grund dafür, dass die Kampfmethode vorläufig noch relativ harmlos bleibt. Hinter den Attentaten stecken bis heute fast ausschließlich Amateure.
Für die palästinensische Führung sei es nicht nur von nationalem Interesse, weitere Eskalationen auszuschließen, sondern auch „mit Blick auf den innenpolitischen Konflikt“. Für Palästinenserpräsident Abbas und seine Sicherheitskräfte „geht es jetzt darum, die Demonstranten aufzuhalten, ohne sich den Zorn der Leute zuzuziehen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers