Israelhass von US-Rapper:In Mykki Blanco: Gefangen im Kreis der Wut
In Berlin fordert Blanco das Publikum indirekt zum Israel-Hass auf. Der Veranstaltungsort Silent Green entschuldigt sich – aber nicht wegen der Worte.
Vergangenen Samstag mache ich einen Abstecher zum Festival des US-Online-Musikmagazins Pitchfork in Berlin. Im Silent Green sind Indie-Popkünstler MorMor und experimenteller HipHop von Mavi und Mykki Blanco angekündigt. Mavi und MorMor sind fertig, als letztes tritt die queere US-Künstlerin Mykki Blanco auf.
Anfang der zehner Jahre hatte die Rapperin, noch vor ihrem Trans-Outing, als Performancekünstler und Lyriker angefangen. Als ich einer Kollegin erzähle, wohin ich gehe, erwähnt sie, dass Blanco am laufenden Band antiisraelische Posts zum Konflikt im Nahen Osten absetzt. Meiner psychischen Gesundheit zuliebe lese ich soziale Medien vor allem dann, wenn ich etwas recherchieren muss – nicht vor jedem Konzertbesuch. Hätte ich besser tun sollen!
Ein Einheizer-DJ feuert die junge, internationale Menge an, dann kommt Mykki Blanco. Sie fordert das Publikum auf, einen Kreis um sie zu bilden, einen „circle of rage“. Nach dem ersten Song folgt die Tirade: „Ich will so vieles sagen. Aber ich kann nicht, schließlich trete ich in Deutschland auf. Das Gesetz hier verbietet mir, zu sagen, was ich sagen will.“
Pathetisch legt sie eine Schippe drauf. Sie wolle keineswegs in einer deutschen Gefängniszelle schmoren, schließlich studiere sie jetzt. „Aber, ihr Deutschen müsst bitte endlich aussprechen, was ich nicht sagen darf.“ Vermutlich, dass Israel von der Landkarte verschwinden muss.
Gleich im Kreis losgehetzt
Querdenkerdemos wirken harmlos im Vergleich zu dem Geraune von Blanco und den gezielt gesetzten Leerstellen, die das Publikum nun mit eigenen Ideen füllen darf. Fantasieren die Leute tatsächlich über Dinge, die man auf einer Berliner Bühne nicht sagen darf?
Zumindest johlen sie, etwas verhalten, aber doch. Nun werfe ich einen Blick auf Blancos Instagram-Posts. „Die GANZE WESTLICHE WELT versucht, uns in die Irre zu führen“, heißt es da. „Wir durchleben den ‚Film‘, wacht auf …“, steht da.
Noch 2017 hatte Mykki Blanco, die selbst jüdische Wurzeln hat, in einem Interview einen Shitstorm beklagt, der ihr nach einer Israelreise entgegengeschlagen war. „Ich werde zwar wieder nach Israel fahren, aber nichts in den sozialen Medien posten. Das ist zu politisch. Die Leute hassen Israel. Das habe ich gelernt. Das Thema ist eine Bombe.“
Aus ihren aktuellen Posts spricht dagegen keinerlei Empathie mehr für Israelis, ihre Sympathien liegen allein in Gaza. „Zu sagen ‚Ich verurteile die Hamas‘“, so Blanco, „wäre, wie für eine Kugel zu bezahlen, mit der die Vereinigten Staaten, Großbritannien, die EU und Israel eine Waffe laden können, um diesen Völkermord zu rechtfertigen.“
Genug von der Hasstirade
Die Hasstirade von der Bühne höre ich mir keine Sekunde länger an. Das sage ich auch der Frau am Einlass. „Danke für den Hinweis“, entgegnet sie. Drei Tage später folgt ein – gelinde gesagt ungewöhnlicher – Post des Silent Green auf Instagram, eine wortreiche Entschuldigung, nicht etwa für die Ausfälle von Blanco!
Offenbar hatte ein Kufija-tragender Besucher das Palästinensertuch ablegen müssen. Es habe jedoch, so betont das Silent Green, gar keine Anweisung dazu gegeben, „Kufijas oder andere Kleidungsstücke“ zu verbieten. Es wirkt, als sei der Entschuldigung eine Kampagne vorangegangen; danach klingen zumindest die Kommentare.
Eine Entschuldigung des Pitchfork-Festivals dafür, dass Blanco ihren Auftritt zu einer Echokammer für antiisraelische Verschwörungstheorien gemacht hat, gab es dagegen nicht. Vermutlich haben sich einfach nicht genügend Leute beschwert.
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