Israel und Palästinenser: Kerry sieht Apartheid kommen
US-Außenminister Kerry kritisiert Israel ungewöhnlich scharf. Palästinensische Bauvorhaben im Westjordanland werden derweil als „Strafmaßnahme“ gestoppt.
JERUSALEM dpa/afp/taz | US-Außenminister John Kerry hat Israel einem US-Bericht zufolge in ungewöhnlich offener Form davor gewarnt, zu einem Apartheidstaat wie das frühere Südafrika zu werden. „Eine Zweistaatenlösung wird die einzige wirkliche Alternative sein. Weil ein Einheitsstaat (Israel mit dem Westjordanland und Ostjerusalem) entweder in einem Apartheidstaat mit Bürgern zweiter Klasse (Palästinenser) oder in einem Staat enden könnte, der die Fähigkeit Israels zunichte machen würde, ein jüdischer Staat zu sein“, zitierte ihn das US-Online-Magazin The Daily Beast am Sonntag.
Die neunmonatige Frist für die von Kerry vermittelten und bislang erfolglosen Friedensgespräche endet an diesem Dienstag. Innerhalb dieser Zeit sollten sich beide Seiten auf einen umfassenden Friedensvertrag auf Grundlage einer Zweistaatenlösung einigen. Das offizielle Jerusalem schwieg am Holocaustgedenktag zunächst zu dem Bericht. Normalerweise reagiert die siedlerfreundliche Regierung von Benjamin Netanjahu allergisch auf solche Vorwürfe.
Dagegen bestätigte die Regierung am Montag, dass in großen Teilen des besetzten Westjordanlandes ab sofort palästinensische Bauprojekte nicht mehr erlaubt werden. Dieser Sanktionsbeschluss betrifft auch von westlichen Ländern finanzierte Entwicklungsprojekte. „Die von jetzt an angewendete Strafmaßnahme war Anfang des Monats beschlossen worden, nachdem die Palästinenser den Beitritt zu 15 internationalen Konventionen und Verträgen beantragten und damit gegen ihre Verpflichtungen verstießen“, erklärte ein Sprecher der israelischen Militärverwaltung.
Demnach betreffen die Bauverbote auch eine ganze Reihe von Projekten, die Verteidigungsminister Mosche Jaalon vorher genehmigt hatte. „Es ging um rund 600 Wohnbauten sowie um die nachträgliche Zulassung von Bauten, die ohne Genehmigung errichtet worden waren“, sagte der Verwaltungssprecher. Darunter seien fünf aus dem Ausland finanzierte Entwicklungsprojekte: ein von Italien finanzierter Spielplatz, von Schweden bezahlte Brunnensanierungen sowie die von der UNO geplante Lieferung von Zelten an zwei Orte und Notunterkünfte, die eine französische Hilfsorganisation errichten wollte.
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