Israel demontiert Sicherheitsanlagen: 50 Verletzte am Tempelberg

Es sah nach Entspannung aus, doch am Tempelberg gab es erneut Verletzte. Polizisten gingen mit Tränengas und Schlagstöcken gegen Demonstrierende vor.

Mann schwenkt die palästinensische Fahne

Tausende drängten auf den Tempelberg, manch einer schwenkte die Palästina-Fahne Foto: dpa

JERUSALEM taz | Die Krise um den Tempelberg dauert an. In der Nacht zu Donnerstag räumten israelische Polizisten die letzten Kontrollanlagen an den Zugängen zum Haram al-Sharif, wie die Muslime das Areal am Felsendom und der al-Aksa-Moschee nennen, komplett wieder ab.

Erst am Morgen hatte der Grußmufti von Jerusalem Mohammed Hussein, der die Proteste der vergangenen zwei Wochen entschieden mittrug, das Ende des Tempelberg-Boykotts verkündete. Er rief die Gläubigen zum Gebet in die al-Aksa-Moschee. Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gab grünes Licht.

Nach zwei Wochen des Boykotts zogen erstmals wieder Tausende gläubige Muslime auf den Tempelberg, wo es am Nachmittag doch wieder zu heftigen Unruhen kam. Mindestens 50 Menschen seien verletzt worden, wie der palästinensische Rote Halbmond (Pendant zum Roten Kreuz) meldete.

Offenbar hatten Palästinenser vom Gelände vor dem Felsendom Steine auf den tiefer liegenden Platz vor der Klagemauer geworden, der wichtigsten jüdischen Pilgerstätte unmittelbar nebenan. Die Polizei reagierte mit Tränengas, Schreck- und Rauchbomben, um die Menge auf dem Tempelberg aufzulösen.

Metalldetektoren und Kameras

Ausgelöst worden war die Krise vor zwei Wochen durch Metalldetektoren und Kameras an den Zugängen zum Tempelberg, die den Zorn der Gläubigen und der politischen Führung der Palästinenser weckten, da sie „den Status quo verletzen“, so die Kritik. Israels Regierung entschied für die Sicherheitsmaßnahme, nachdem am vorvergangenen Freitag drei Attentäter Schusswaffen auf den Tempelberg geschleust hatten und zwei israelische Grenzpolizisten erschossen, bevor sie selbst erschossen wurden. Die Metalldetektoren sollten verhindern, dass nochmal Waffen auf das heilige Gelände geschmuggelt werden. Aus Sorge vor weiterer Eskalation lenkte die israelische Regierung schließlich ein und entschied über die Demontierung.

Noch am Mittwoch kündigte die Fatah-Partei einen erneuten Tag des Zorns für Freitag an. Jerusalems Polizeichef Joram Halevi warnte davor, die Polizei herauszufordern, da sonst „niemand überrascht sein soll, wenn es zu Verletzten kommt“. Mit dem Einlenken Israels schien die Gefahr schon gebannt. Abbas sprach zu Recht von einem Sieg der palästinensischen Muslime. Das von der Besatzungsmacht unterdrückte Volk hatte am Haram al-Sharif seine Macht unter Beweis gestellt.

Der für die muslimsche Welt drittheiligste Ort birgt das Potential, Israel in einen regionalen Konflikt zu zerren, angefangen mit Jordanien, dem die Verwaltung der heiligen muslimischen Stätten unterliegt. Die palästinensischen Religionshüter wissen dieses Potential für ihre Zwecke zu nutzen.

Scharfe Kritik an Netanjahu

Während zahlreiche Palästinenser die israelischen Räumungsarbeiten mit Pfiffen, Klatschen und Allah lobenden Sprechgesängen begleiteten, bekam Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu scharfe Kritik aus beiden politischen Lagern in Jerusalem zu hören. Während die Opposition schon seine Entscheidung, überhaupt Metalldetektoren auf dem Tempelberg zu installieren, als verkehrt empfand, verurteilten rechtsreligiöse Koalitionspartner die Entfernung der Anlagen. Bildungsminister Naftali Bennett (Das jüdische Haus) sprach von einer „Kapitulation vor dem Terror“.

Die drei Attentäter aus der israelisch arabischen Kleinstadt Umm el-Fahm, die sich vor zwei Wochen mit Schusswaffen den Weg auf den Tempelberg bahnten und mit dem Anschlag die Krise ausgelöst hatten, wurden am Donnerstag früh in Begleitung mehrerer Tausend Trauergäste in ihrer Heimatstadt beigesetzt.

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