Islamkritiker Hamed Abdel-Samad: Morddrohung aus Ägypten
Der Publizist Abdel-Samad wird von ägyptischen Salafisten mit dem Tode bedroht. Bekannt geworden ist der Deutsch-Ägypter vor allem als Satirepartner von Henryk Broder.
BERLIN taz | Hierzulande ist der Publizist Hamed Abdel-Samad eine bekannte Medienfigur, seit er als Stichwortgeber von Henryk M. Broder für dessen Satirereihe „Entweder Broder“ vor drei Jahren im Auftrag der ARD durch die Lande reiste. Auf Einladung des Innenministers sitzt er in der Islamkonferenz, und als „Ägypten-Experte“ war der Schriftsteller öfter im Fernsehen zu Gast.
In Ägypten, seinem Geburtsland, ist Abdel-Samad dagegen bislang weithin unbekannt. Doch nun sind ausgerechnet radikale Salafisten dort auf ihn aufmerksam geworden.
Nachdem der Autor aus Deutschland irgendwo in Kairo einen Vortrag über „religiösen Faschismus“ hielt, dessen Anfänge er schon beim Propheten Mohammed ausmachte, fand er sich auf Facebook mit einer Hetzkampagne konfrontiert.
Einer der Wortführer der salafistischen Gruppierung Dschamaa Islamija hat ihn nun sogar mit dem Tod bedroht: Der Salafisten-Scheich Assem Abdel-Maged, dessen Ausfälle gegen Kopten und Säkularisten notorisch sind, rief auf dem Sender Elhafez offen zur Ermordung des Deutsch-Ägypters auf.
Von den über 200 TV-Kanälen in Ägypten ist der Salafisten-Sender einer der übelsten: Er wurde schon mehrfach verklagt, weil Prediger dort gegen Oppositionelle und Showstars hetzten.
Ägyptische Medien haben von den Drohungen gegen den deutschen Publizisten bislang kaum Notiz genommen. Dafür hat Abdel-Samad den Fall nun selbst publik gemacht und sich hilfesuchend an Angela Merkel gewandt. Er selbst sieht die Drohungen als Teil eines innerägyptischen Machtkampfs, wie er Spiegel Online sagte.
Im Vorfeld zweier großer Demonstrationen, die zum 30. Juni für und gegen Präsident Mursi in Kairo geplant sind, würden die radikalen Islamisten ihn benutzen, um die gesamte Opposition zu diffamieren, glaubt Abdel-Samad.
In Deutschland gehört Abdel-Samad zur Riege jener „Islam-Kritiker“, die ihre Herkunftskultur mit dem vermeintlich authentischen Blick des angeblichen Insiders kritisieren. In seinem letzten Buch prophezeite er vollmundig gar den „Untergang der islamischen Welt“.
Es gibt nicht wenige, die ihn deshalb für einen Wichtigtuer und Selbstdarsteller halten. Doch die Drohungen aus Ägypten sind real. Abdel-Samad sollte den Salafisten-Scheich Assem Abdel-Maged deshalb am besten verklagen. Denn Todesdrohungen per TV sind auch in Ägypten nicht legal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga