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„Islamischer Staat“ und FußballPfeifen nach der Scharia

Der IS hat ein gespaltenes Verhältnis zum Kicken. Zwar verbietet er organisierten Sport, doch ist der Bolzplatz auch sein Rekrutierungsfeld.

Hier pfeift der „Islamische Staat“ weder ab noch an: Bolzen während einer Waffenruhe in Damaskus Foto: imago/Zuma Press

Doch, es gibt noch eine syrische Nationalmannschaft. Nur Heimspiele kann das Team nicht austragen, weder das Abbasidenstadion in Damaskus noch das Aleppo-International-Stadion eignen sich für absehbare Zeit für internationale Fußballspiele, von der Sicherheit für Spieler und Fans ganz zu schweigen. Der IS bekämpft alles, was mit modernem Sport zu tun hat – doch zugleich, und das überrascht, bedient sich das Terrornetzwerk des Fußballs.

Der IS versucht über den Fußball, junge Männer an sich zu binden. Ein selbst ernannter Imam aus Jordanien, der sich Abu Otaiba nennt, erklärte jüngst dem Wall Street Journal, wie er junge Kämpfer rekrutiert: „Wir nehmen sie mit zu Höfen oder in private Häuser. Da sprechen wir mit ihnen und organisieren Fußballspiele, um sie näher an uns zu binden.“

In Moscheen würde er gar nicht mehr anwerben, weil da doch nur Geheimdienstleute herumstünden. Es gibt einige Indizien dafür, dass dies auch im Bürgerkriegsland Syrien ähnlich abläuft. Etliche Dschihadisten waren früher – als sie noch säkulare Muslime waren – Fußballfans. Und Abu Bakr al-Baghdadi, der als Führer des IS gilt und sich selbst als Kalif bezeichnet, soll, als er im Irak in US-amerikanischer Haft gewesen ist, ein talentierter Fußballer gewesen sein, Spitzname Maradona.

Es gibt viele Verbindungen zwischen Fußball und IS-Terror, doch die Irritation bleibt bestehen: Der IS verbietet organisierten Sport. Erst im Juli wurden in ar-Raqqar vier Spieler des lokalen Al Shabab SC öffentlich hingerichtet, im Jahr 2015 wurden 13 männliche Jugendliche exekutiert, weil sie das Asian-Cup-Spiel zwischen Irak und Jordanien im Fernsehen geschaut hatten.

Unentschiedenes Operieren mit Altersgrenzen

Die gleiche Terrormiliz hingegen hatte kurz nach den Anschlägen von Paris im November 2015 die Übertragung des Classico der spanischen Liga, FC Barcelona gegen Real Madrid, erlaubt. Als jedoch klar war, dass das Spiel mit einer Schweigeminute für die Opfer von Paris beginnt, wurde die Erlaubnis zurückgezogen. Ähnlich unentschieden operiert der IS mit den Altersgrenzen, bis zu dem Jungen Fußball spielen dürfen: Mal ist es Kindern über zwölf Jahren verboten, mal erst ab dem 15. Lebensjahr.

Die Politik des IS gegenüber dem Fußball ist durch Opportunismus und Impulsivität getrieben

James Dorsey, Fußballexperte

Der Politologe und Nahostfußballexperte James Dorsey zitiert einen aus ar-Raqqa geflohenen Syrer. „Die Politik des IS gegenüber dem Fußball ist durch Opportunismus und Impulsivität getrieben“, analysiert er. „Einerseits verschmäht die Gruppe das Spiel, andererseits kann sie auch nicht darüber hinwegsehen, dass in ihren Reihen der Fußball sehr populär ist.“ Zudem, so Dorsey, nutze der IS den Fußball zur Rekrutierung, weil der Sport nicht auf dem Schirm der Geheimdienste liege.

Die jüngste Meldung, die von Anfang September stammt, passt gut in diese merkwürdige Gemengelage: IS-Kommandeure sollen dort, wo auf lokaler Ebene in Syrien noch Fußball stattfinden darf, befohlen haben, dass die Schiedsrichter nicht nach den Regeln des Weltfußballverbandes Fifa, sondern nach denen der Scharia pfeifen sollen.

Die „Heimspiele“ der offiziellen syrischen Fußballnationalmannschaft, die ja noch um die Qualifikation zur WM 2018 spielt, sollten zunächst im Libanon, dann im chinesischen Macau und zuletzt in Malaysia ausgetragen werden. Dort in Seremban trotzte Syrien am Dienstag dem favorisierten Südkorea ein torloses Remis ab. Es ist eine Art fußballerisches Asyl, um das die besten syrischen Spieler nachsuchen müssen. Fußball kann ein Fluchtgrund sein.

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