Irini-Mission gegen Migrant*innen: Hand in Hand mit der libyschen Küstenwache
Der Bundestag verlängert den Einsatz gegen Waffenschmuggel und Migration im Mittelmeer. Auch die sogenannte libysche Küstenwache soll trainiert werden.
Im Bundestag beschließen die Unions- und die SPD-Fraktion am Donnerstagnachmittag die Verlängerung des Irini-Einsatzes der Bundeswehr im Mittelmeer. Die deutschen Soldaten werden aber nicht mehr nur damit beauftragt, Waffenlieferungen nach Libyen zu stoppen. Sie sollen jetzt auch wieder die sogenannte libysche Küstenwache ausbilden. Bei der handelt es sich um verschiedene Milizen, die mit brutaler Gewalt verhindern, dass Migrant*innen nach Europa übersetzen.
Im Antragstext heißt es, die Mission helfe neben der Überwachung des Waffenembargos nun als Nebenaufgabe auch den „einschlägigen libyschen Einrichtungen, die für die Strafverfolgung sowie für Suche und Rettung auf See zuständig sind“, und das „insbesondere zur Verhinderung von Schleuserkriminialität und Menschenhandel“. In den Irini-Mandatstexten aus den letzten Jahren hieß es dagegen: „In Ermangelung eines Ansprechpartners auf libyscher Seite wird diese Nebenaufgabe nicht durchgeführt.“
Warum die sogenannte libysche Küstenwache nun auf einmal wieder als akzeptabler Ansprechpartner gilt, ist unklar. An einer besseren Menschenrechtsbilanz der Milizen kann es jedenfalls nicht liegen. Nach wie vor internieren die Kämpfer die Migrant*innen unter schlimmsten Bedingungen, um sie von der Weiterreise abzuhalten und Lösegeld von Verwandten zu erpressen. Es gibt unzählige Berichte über Morde, Vergewaltigungen, Folter und Menschenhandel.
Zudem treten die Milizen auch gegenüber ehrenamtlichen Seenotretter*innen auf dem Mittelmeer aggressiv auf. So schossen Boote der angeblichen Küstenwache zuletzt mehrmals auf Schiffe der Organisationen Seawatch und SOS Méditerranée.
Kritik von der Linkspartei
Die Linkspartei kritisiert deshalb die Verlängerung des Irini-Einsatzes scharf. Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion im Bundestag, Clara Bünger, nannte die Ausbildung der sogenannten Küstenwache „besonders problematisch“. Die Miliz sei „für Gewalt und Pushbacks bekannt“.
Auch der Versuch der Irini-Mission, Waffenlieferungen nach Libyen einzudämmen, wirkt zunehmend aussichtslos. Das Waffenembargo, das die Soldaten umsetzen und überwachen sollen, hat offensichtliche Löcher. Hintergrund ist der schwelende Krieg zwischen der westlibyschen Regierung und den Kräften um General Chalifa Haftar im Osten des Landes. Sowohl Italien – das einen wichtigen Teil der Irini-Verbände stellt – als auch die Türkei unterstützen mehr oder weniger verdeckt die westlibyschen Kräfte. Russland und einige Golfstaaten sind mit Haftars Truppen verbündet.
Türkische Kriegsschiffe erzwangen mehrmals die Durchfahrt von ominösen Frachtschiffen nach Westlibyen an den Irini-Verbänden vorbei. In Fällen, in denen Irini-Schiffe tatsächlich Waffenlieferungen beschlagnahmten, setzten sich Italien und offenbar auch EU-Vertreter*innen zuletzt dafür ein, diese einfach an die westlibyschen Kräfte weiterzugeben. Bei Haftars Kämpfern kommen aber trotzdem genug Waffen an, im Oktober lieferte Südafrika wohl vier Kampfhubschrauber aus französischer Produktion an die ostlibyschen Kräfte.
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