Irans Präsident im Libanon: Heimspiel für Ahmadinedschad
Die shiitische Hisbollah bejubelt Irans Präsident bei seinem ersten Besuch in Beirut. Die Anhänger des westlich orientierten Premiers Hariri fühlen sich jedoch bedroht.
KAIRO taz | Die Fahrt vom Beiruter Flughafen in die Innenstadt war für Mahmud Ahmadinedschad ein Heimspiel, führt die Schnellstraße doch genau durch die südliche schiitische Vorstadt, die Hochburg der Hisbollah. Und die bereitete ihrem iranischen Mentor einen Heldenempfang. Tausende standen am Straßenrand, um den Konvoi des iranischen Präsidenten mit Rosenblüten und Süßigkeiten zu bewerfen. Einige schwenkten überdimensionale Poster Ahmadinedschads, im Hintergrund spielte die iranische Nationalhymne.
Doch diese Bilder von Ahmadinedschads erstem Besuch im Libanon trügen. Denn der Libanon ist ein politisch polarisiertes Land. Der Bruch verläuft quer durch die Einheitsregierung, in der der westlich orientierte Ministerpräsident Saad Hariri und Mitglieder der Hisbollah im Orbit Irans und Syriens sitzen. Gerade die Hariri-Anhänger fühlen sich vom Besuch Ahmadinedschads bedroht. Sie haben ohnehin Angst, dass die Hisbollah als verlängerter Arm des Iran sich immer mehr zum Staat im Staate im Libanon entwickelt.
In einem offenen Brief kritisieren 250 Politiker, Anwälte und Aktivisten den Besuch. "Du sprichst davon, die Region zu verändern, mit dem Libanon zu beginnen und Israel von der Landkarte zu wischen, kraft des islamischen Widerstands im Libanon. Du kommst hierher, wie ein Kommandeur an der Frontlinie", heißt es dort. "Eine Gruppe zieht Kraft aus deinem Besuch, um damit über eine andere Gruppe und den Staat zu herrschen."
Doch zumindest in den ersten Stunden nach der Ankunft Ahmadinedschads im Libanon versuchten alle Seiten, nicht den Eindruck einer Anspannung entstehen zu lassen. Irans Präsident und sein libanesischer Amtskollege Michel Suleiman tauschten bei einer Pressekonferenz vor allem Höflichkeiten aus. Ahmadinedschad betonte, dass sein Besuch der gesamten Regierung und dem libanesischen Staat gelte. Auch das offizielle Mittagessen Ahmadinedschads mit Premier Hariri und einigen innenpolitischen Gegnern der Hisbollah war dazu gedacht, Spannungen zu entschärfen.
Spätestens am Donnerstag wird Ahmadinedschads Besuch dann doch zu einer Machtdemonstration der Hisbollah, wenn er nahe der israelischen Grenze in der Kleinstadt Bint Jbeil eine Rede über den "islamischen Widerstand" halten wird. Ein weiteres Heimspiel, denn das 2006 im Libanonkrieg völlig zerstörte Dorf wurde vor allem mit iranischen Geldern wiederaufgebaut. KARIM EL-GAWHARY
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin