Iran-Verhandlerin Helga Schmid: Wegen Trump von vorne anfangen
Helga Schmid handelte mit dem Iran das Atomabkommen aus. Mit Trumps Kündigung und den Iran-Sanktionen ist ungewiss, was aus dem Vertrag wird.
Und das, obwohl gerade die ganze Welt über Schmids Lebenswerk redet: das Atomabkommen mit dem Iran, das US-Präsident Donald Trump im Mai aufkündigte. Seit dieser Woche sind neue Sanktionen der USA in Kraft, die Zukunft des Abkommens ist ungewisser denn je.
Ein Abkommen, dem Schmid Jahre ihres Berufslebens geopfert hatte. Die Bayerin, seit 1990 im Auswärtigen Dienst, war eine der ersten Frauen, die sich im Auswärtigen Amt hocharbeitete. Unter Klaus Kinkel war sie die erste Frau mit Posten im Ministerbüro. Dort blieb sie auch, als die Koalition wechselte und der Joschka Fischer übernahm.
Im Jahr 2003 flog der Grüne mit zwei anderen europäischen Außenministern nach Teheran, um erstmals über das iranische Atomprogramm zu verhandeln. Schmid war mit dabei. In unterschiedlichen Funktionen sollte sie in den folgenden Jahren immer wieder in den Iran und zu anderen Verhandlungsorten zurückkehren. Auch, nachdem sie den Arbeitgeber gewechselt hatte und bereits für die Europäische Union arbeitete.
An der Endphase der Verhandlungen war sie zwölf Jahre später als stellvertretende Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes beteiligt. Wobei „beteiligt“ die Sache nicht ganz trifft: Glaubt man denen, die damals dabei waren, dann lief in den Gesprächen kaum etwas ohne die heute 58-Jährige. Sie war es, die in nächtelangen Verhandlungen die Details des Vertrages mit den Iranern klärte.
Verhandlungen in der Nacht
Vor drei Jahren bekam Schmid für diese Leistung das Bundesverdienstkreuz. Bei der Verleihung erinnerte sich der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier an die entscheidenden, wochenlangen Gespräche in einem Wiener Hotel. Die Minister seien regelmäßig erst spät in der Nacht in ihren Zimmern verschwunden, um zumindest ein bisschen Schlaf zu bekommen.
„Nicht aber Sie, liebe Helga!“, sagte Steinmeier. „Sie machten weiter, wenn alle anderen fertig waren. Durch die Nacht hindurch saßen Sie mit Ihren amerikanischen und iranischen Kollegen zusammen, fügten die losen Enden zusammen, spannen die Fäden weiter, sodass es am Morgen für uns alle weitergehen konnte.“
Als das Abkommen dann fertig war, blieb sie weiter im Hintergrund: Die Außenminister ließen sich vor den Kameras feiern und flogen dann nach Hause. Schmid blieb und kümmerte sich um die Details der Umsetzung. Und jetzt? Wird die Diplomatin wieder verhandeln müssen, um zumindest die Reste des Abkommens zu retten. Mittlerweile als Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes, aber immer noch im Stillen. Tobias Schulze
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen