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Investor will keine SozialwohnungenEin Bunker für Betuchte

In Altona soll ein Bunker zu Mikro-Appartments umgebaut werden. Die AnwohnerInnen protestieren dagegen, weil sie fürchten, dass nur Besserverdienende davon profitieren

Soll künftig teure Kleinstwohnungen beherbergen: Bunker an der Eimsbütteler Straße Foto: Joto

Hamburg taz | Nein, sagt die Anwohnerin aus der Eimsbütteler Straße, sie sei auf keinen Fall dagegen, dass nebenan im früheren Bunker Wohnungen gebaut würden. Sondern dagegen, dass dort mutmaßlich teure Mikro-Appartments entstehen sollen. Laut Bauplänen sind es 72, die meisten davon kleiner als 25 Quadratmeter.

Die, so fürchtet die Anwohnerin, würden zu Preisen vermietet oder verkauft, die sich etwa ein Bafög-Studierender nicht leisten kann. Sondern Geschäftsleute, die sich nur auf Zeit niederlassen wollen, Menschen mit hohem Einkommen oder entsprechendem Elternhaus. Nicht aber eine gemischte Nachbarschaft aus Alten und Jungen, Singles und Familien. „Was ich mir wünsche, ist Wohnungsbau für Menschen wie du und ich“, sagt sie.

Im Frühjahr wurde eine Anwohnerin durch Bauarbeiter beim Bunker aufmerksam und ging zum Bauamt. So wurde öffentlich, dass der Greifswalder Investor Eduard Reidel, der bereits in der Missundestraße in Altona und in der Wielandstraße in Eilbek einen ehemaligen Bunker umgebaut hat, auch in der Eimsbütteler Straße entsprechende Pläne hat. Verkauft ist der Bunker, der im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben war, bereits. Von ihm sollen nur zwei Seitenwände und das Fundament erhalten bleiben, ein Teilabriss ist bereits genehmigt.

Bezirkspolitik verlangt „Drittelmix“

Doch im ersten Anlauf sind die Pläne im Altonaer Bauausschuss gescheitert. Reidels RHH Eimsbütteler Straße GmbH hat beantragt – anders als im Bauplan vorgesehen – sechs statt vier Geschosse plus Staffelgeschoss zu errichten und nach hinten gestaffelt statt geschlossen zu bauen, um mehr Grundfläche zu schaffen.

Der Bauausschuss möchte im Gegenzug für eine solche Ausnahmegenehmigung, dass sich der Investor auf die sogenannte Drittel-Mix-Regelung einlässt. Reidel müsste ein Drittel der durch die Befreiung zusätzlich entstehenden Wohnungen als Sozialwohnungen anbieten. Das aber hat er laut Sven Hielscher (CDU), dem Vorsitzenden des Bauausschusses, abgelehnt. Nun hat der Ausschuss die Entscheidung auf den 14. November vertagt.

Eduard Reidel sieht sich dagegen kompromissbereit. Er habe dem Ausschuss angeboten, 13 der Wohnungen für zehn Jahre mit Mietpreisbindung anzubieten. Zu einer „Range zwischen 9,20 und 9,80“ pro Quadratmeter. Was er baue, sei ohnehin „normales Wohneigentum“ für Studierende, Pendler und Singles. ursprünglich habe man Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen im Bunker geplant, das sei aufgrund von Stadtplanung, Denkmalschutz und dem Zuschnitt des Grundstücks gescheitert. Reidel sieht sich ohnehin von Sachzwängen gebunden: „Ich habe Kosten, die ich abdecken muss“.

Ich habe Kosten, die ich abdecken muss

Eduard Reidel, Investor

Hielscher ist eine gewisse Irritation anzumerken. Für ihn ist das Angebot, das Reidel dem Bauausschuss unterbreitet hat, allzu schwammig, da weder die Miethöhe noch die Zahl der Wohnungen bestimmt worden sei. Auch die AnwohnerInnen rund um den Bunker, die sich inzwischen zu einer Infoveranstaltung getroffen haben, beharren auf einer Planung, die sozialverträglich ist.

Erzwingen kann die Politik Sozialwohnungen nicht

„Die Politiker tönen alle: Wir brauchen bezahlbare Wohnungen“, sagt die Anwohnerin. Tatsächlich ist deren Spielraum begrenzt: Nur wenn der Investor an den sechs Geschossen festhält, gibt es über den Befreiungsentscheid die Möglichkeit, den Drittel-Mix durchzusetzen. Sollte Seidel sich dagegen mit vier Geschossen begnügen, hat er keinerlei Auflagen.

Die AnwohnerInnen hoffen, dass sich das Projekt dann möglicherweise nicht mehr lohnt. Sie fordern dazu auf, alle Mitglieder des Bauausschusses anzuschreiben, um an deren Verantwortung zu appellieren.

An übergeordneter Stelle, in der Behörde für Stadtentwicklung, gibt man sich eher entspannt. Der Andrang von jungen Leuten, die in der Stadt Jobs oder Ausbildungsplätze gefunden haben, sei ungebrochen, sagt deren Sprecher Sebastian-Magnus Kutz. Diese würden durch Neubauten in der Eimsbütteler Straße Wohnraum finden und damit werde der Wohnungsmarkt entlastet. Dass die Entlastung dann die Besserverdienenden trifft, sagt er nicht.

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1 Kommentar

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  • Ach, liebe Frau Gräff, dieser unauflösbare Widerspruch Ihres Artikels ist doch eklatant:

    Anwohner beklagen ( angeblich ) , dass sich ein Bafög Studierender diese Wohnungen nicht leisten könne.

    Ja und ?

    Warum um alles in der Welt soll die Entlastung des Wohnungsmarktes durch einen Neubau Besserverdienenden zugutekommen, die ja eben die höheren Preise zu entrichten haben ?

    Aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren.