Investitionsprogramm des Senats: Klar, wohin die Reise geht
Der schwarz-rote Senat will in Berlin in den kommenden Jahren mehr investieren. Aber deutlich weniger in Radwege, ÖPNV oder Klimamaßnahmen.
W er es zu etwas bringen will, der muss investieren. Für ein Bundesland, das seinen BürgerInnen in der Zukunft bessere Lebensbedingungen – modernere Schulen, sicherere Straßen oder funktionierende Bürgerämter – bieten will, gilt dasselbe. So weit, so trivial. Allerdings handelt es sich beim Berliner Investitionsprogramm, das der Senat für die jeweils kommenden vier Jahre aufstellt, nicht um einen Plan mit Gesetzeskraft (wie es der Haushalt ist), sondern um ein mehr oder weniger konkretes Versprechen.
An diesem Versprechen lässt sich aber ganz gut ablesen, in welche Richtung das Schiff gerade steuert. Und bei dem gerade vom Finanzsenator aufgestellten und vom Senat abgesegneten Program zeigt sich recht deutlich: In Bereichen, die gemeinhin als Zukunftsthemen verstanden werden, namentlich bei der Mobilitätswende und dem Klimaschutz, legt Schwarz-Rot den Umkehrschub ein.
Das ist umso bezeichnender, als das gesamte Investitionsvolumen in den Jahren bis 2028 auf durchschnittlich 4,4 Milliarden Euro jährlich erhöht werden soll. Ein deutliches Plus gegenüber den bislang vorgesehenen 3,8 Milliarden – wobei eine gute Milliarde durch „alternative Finanzierungskonzepte“ zustande kommen soll, etwa durch Kreditaufnahmen landeseigener Unternehmen.
An den entscheidenden Stellen sollen aber Abstriche gemacht werden, wie schon im laufenden, frisch abgespeckten Haushalt: So will der Senat den Posten „Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr“ von 6,5 Millionen auf 500.000 Euro abschmelzen. Geld, das nicht einfach nur sinnvollerweise für sichere und komfortable Infrastruktur ausgegeben werden sollte, sondern das ausgegeben werden muss, will man die Vorgaben des Berliner Mobilitätsgesetzes wirklich erfüllen.
Ein Minus von 93 Prozent, wie der Verein Changing Cities betont, und das ist noch nicht alles: Auch die (einstelligen) Millionen für Investitionen in den Fußverkehr und die (dreistelligen) Millionen für den ÖPNV sollen ab 2026 halbiert werden. „Reden SPD und CDU überhaupt noch mit Menschen, die kein Auto haben und auf ÖPNV und Rad angewiesen sind?“, fragt man sich bei Changing Cities reichlich fassungslos.
Aber Geschenke an die CDU-WählerInnen
Kontrastiert wird das durch das Weiter-so bei konventionellen Straßenbauprojekten wie der Tangentialverbindung Ost (TVO), die insgesamt über 350 Millionen verschlingen soll, aber auch der Wiederertüchtigung des Schlangenbader Tunnels auf der ehemaligen A104 für 23,5 Millionen Euro. Bei Letzterem handelt es sich recht eindeutig um ein Dankeschön an die autofahrende Westberliner CDU-Wählerschaft, denn die verkehrliche Notwendigkeit ist mehr als umstritten.
In Sachen Klimaschutz geht es weiter: Das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm BEK soll weniger als ein Drittel der bisher veranschlagten Summe bekommen, das Programm BENE II, aus dem Projekte wie energetische Sanierungen, Lärmschutzmaßnahmen oder grüne Infrastruktur finanziert werden, wird halbiert. All das vor dem Hintergrund, dass CDU und SPD mit der großspurig versprochenen Aufstellung ihres 10-Milliarden-Klimafonds gescheitert sind.
Der BUND spricht von einer „Nach-mir-die-Sintflut-Koalition“, die sich mit dieser Planung wenigstens ehrlich mache. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) dagegen wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die größeren Summen vergangener Investitionsprogramme nie ausgeschöpft worden seien. Aber selbst in der SPD-Fraktion finden manche, dass das ja wohl kein Argument sein kann.
Bis 2026 hat Schwarz-Rot noch. Wer daran interessiert ist, dass Themen wie Nachhaltigkeit, Umwelt, Klima und Mobilität wieder großgeschrieben werden in Berlin, weiß, wen er dann auf keinen Fall mehr wählen sollte.
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