Interview: Eigentlich meine ich...
■ Gespräch mit der Rhetorik-Trainerin Barbara Schlüter über Frauensprache
taz: Warum spezielle Rhetorikkurse für Frauen?
Barbara Schlüter: Frauen sprechen in einigen Bereichen anders als Männer. Sie sagen beispielsweise an ganz bestimmten Punkten „eigentlich“, obwohl sie von der Sache überzeugt sind. Relativierende Einsprengsel sind in der Frauensprache Trend. Außerdem werden Frauen auf einer unbewußten Ebene nicht so ernst genommen, wenn sie sich im Arbeitsleben zu Wort melden. Diese Wahrnehmung scheint bei Männern und Frauen ähnlich abzulaufen. Auch Frauen nehmen konzentrierter auf, was Männer sagen.
Kann ein Mann einen Rhetorikkurs für Frauen anbieten?
Männer können kaum die Atmosphäre schaffen, die ich an Frauenseminaren schätze: Dort herrscht eine Offenheit, die ich in einer gemischten Gruppe in der Form nicht kenne.
Was kann frau bei einem dreitägigen Seminar in Sachen Kommunikation lernen?
Sie können in drei Tagen erfahren, wo bin ich gut. Und es kann erarbeitet werden, in welchen Bereichen Sie sich verbessern können und wie. Ich arbeite viel mit Video. Die Teilnehmerinnen bekommen zunächst Rückmeldung von der Gruppe und mir und können sich dann selbst über Video überprüfen, um zu erkennen, was ist stimmig an der Körpersprache und was nicht. In großen Firmen, die ein vernünftiges Personalentwicklungskonzept haben, ist völlig klar, daß die Leute mindestens einmal im Jahr ins Seminar gehen.
Firmenseminare zur Selbsterfahrung?
An sich selbst arbeiten ist für mich nicht nur Selbsterfahrung. Vielmehr bedeutet es, immer mal wieder hinzuschauen, wo stehe ich in meinem kommunikativen Verhalten, wo kann ich daran etwas verbessern, wie empfinden mich andere. Das ist nicht nur für Frauen wichtig. Auch für Männer. Nur wenn auch Männer an sich arbeiten, kann sich in der Firmenkultur etwas verändern.
Ist das Angebot an solchen Seminaren groß?
Der Markt ist riesig und wird immer härter. Es gibt einen berufsständischen Verband, den „Bund der Verkaufsförderer und Trainer“ (BDVT). Allerdings, TrainerInnen müssen dort nicht Mitglied sein. Der Markt ist ungeschützt. Es gibt sehr viele Scharlatane.
Also, man muß sehr aufpassen, wo man hingerät?
O ja, aber da kann ich Ihnen auch keine Tips geben. Ich weiß nur, daß die guten Seminare teuer sind. Aber Sie können auch Glück haben und einen Bildungsurlaub bei der Volkshochschule buchen mit einer sehr guten Dozentin. Was ich Frauen als Tip gebe möchte: Ich weiß, daß Sie sich häufig nicht trauen zu sagen, Sie gehen auf einen Rhetorikkurs. Sie fürchten – oft zu Recht – bissige Anmerkungen. Sie buchen deshalb einen Kurs ganz privat und natürlich auf eigene Kosten. Für Männer hingegen ist es sehr viel selbstverständlicher, solche Seminare zu besuchen und zu sehen, wie sie den Kurs als betriebliche Fortbildung bezahlt bekommen. Führungskräfte bekommen ihn ohnehin bezahlt. Interviewerin: Edith Kresta
Barbara Schlüter ist selbständige Trainerin und Autorin des Buches: „Rhetorik für Frauen – Wir sprechen für uns“, Ullstein-Verlag, 1993, 270 Seiten, 12,90 DM.
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