Interview:
Sie waren mit Holger Meins ab 1966 befreundet. Als er die Freundschaft 1970 zugunsten der R.A.F. beendete, empfanden Sie das als Verletzung. Wie schaffen Sie es vor diesem Hintergrund, die Distanz zu Holger Meins herzustellen, die für einen Dokumentarfilm nötig ist?
Gerd Conradt: Durch meine Methode, den Film ausschließlich auf Dokumente aufzubauen, die direkt etwas mit Holger zu tun haben. Es sind entweder Selbstzeugnisse von Holger Meins oder Archivmaterial der Medien oder Interviews mit Zeitzeugen, die zu den Medienberichten etwas sagen. Das ist ein Weg, der ihm gerecht wird.
Wobei sich eine Haltung ja schon allein durch die Auswahl der Dokumente formuliert.
Ganz klar. Allerdings will ich keine Wertung vornehmen, will keine Schuldigen suchen. Ich will eine Art Mosaik erzeugen, das neugierig auf die Zeit und die Person macht. Ich glaube, dass Holger Meins seinen Weg gegangen ist, und dabei auch in einer gewissen Weise eine Erfüllung gefunden hat. Und ich versuche, mit dem Film eine Brücke zu schlagen zur Gegenwart, indem ich Gretchen Dutschke das Begräbnis von Holger Meins kommentieren lasse. Gretchen Dutschke sagt zum Gesang der „Internationale“ auf der Beerdigung: „Wir haben jetzt eine internationale Welt mit Globalisierung und all dem. Aber ist es die, die wir uns vorgestellt haben?“ Damit hört der Film auf. Ich will damit die Brücke schlagen zu den Globalisierungsgegnern. Das ist für mich persönlich wichtig.
Sie erzählen das Leben von Holger Meins chronologisch. Wie entgehen Sie der Gefahr, dass der Film zum Diavortrag wird?
Ich weiß nicht, vielleicht ist es ein Dia-Vortrag geworden, ich erzähle ja immer nur anhand von Dokumenten, die es bereits gibt. Jedenfalls ist es ist ein sehr kompakter Film mit sehr viel Informationen. Die Leute sind manchmal hinterher bedrückt von den Bildern, manchmal auch erschlagen von der Vielfalt.
Interview: Hermann Kleen, kli
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