Interview zum Projekt „Radbahn“: „Super, dass ihr Rad fahrt!“
Das Projekt „Radbahn“, ein Radweg vom Tauentzien bis Friedrichshain, größtenteils unter dem U1-Viadukt, entwickelt sich weiter. Den ADFC freut's auch.
taz: Herr Linck, als das Projekt „Radbahn“ vor anderthalb Jahren zum ersten Mal vorgestellt wurde, hat der ADFC es als originell gelobt, aber stark an seiner verkehrstechnischen Umsetzbarkeit gezweifelt. In erster Linie hieß es, der Raum zwischen den Stützen des Kreuzberger Hochbahn-Viadukts der U1 sei an vielen Stellen zu schmal, um sicheres Fahren und Überholen zu ermöglichen.
Nikolas Linck: In der Überarbeitung wird der Radweg nun außen um diese Stellen herumgeführt. Zwischen den Stützen soll der Radweg mindestens 2,50 Meter breit sein. Das ist reichlich knapp bemessen, wird aber hoffentlich die Ausnahme bleiben.
Kritik gab es auch an der Idee, querende Hauptstraßen durch Überführungen zu überwinden, die quasi seitlich am Viadukt hängen.
Ja, da war sehr bald klar, dass das nicht geht. Aus statischen Gründen, aber auch weil solche Steigungen die Strecke für ältere und weniger sportliche FahrerInnen kaum nutzbar machen würden. Jetzt sind diese Planungen aber nicht mehr im Konzept enthalten.
Sprecher des Berliner Landesverbands des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC).
Bleibt das Problem, dass ein Radweg zwischen zwei Fahrbahnen für den Kfz-Verkehr grundsätzlich weniger praktikabel ist.
Das stimmt insofern, als jeder Radfahrer, der in den Weg einbiegen oder ihn wieder verlassen will, die Kfz-Spur überqueren muss. Aber das Projekt soll ja auch eher eine „Flaniermeile“ sein als ein Highway.
Wieso das?
Es handelt sich um eine Ergänzung zu dem künftigen geschlossenen Radwegenetz, auf dem man zügig und sicher durch die Stadt kommt. Die Radbahn kann Räume erschließen, die noch gar nicht genutzt werden und teilweise eine tolle Aufenthaltsqualität haben. Ich habe nie verstanden, warum man das Ufer des Landwehrkanals nicht stärker nutzbar macht. Man muss das so verstehen wie die Fahrradbrücken in Kopenhagen, die auch nicht einzig und allein unter Nutzen-Gesichtspunkten gebaut wurden – das sind auch Projekte, die Radfahrern eine gewisse Wertschätzung entgegenbringen, die ihnen signalisieren: Super, dass ihr Rad fahrt!
Kann Berlin so etwas Schickes wie die „Radbahn“ überhaupt finanzieren?
Ein finanzielles Problem hat Berlin hier eigentlich nicht – 51 Millionen Euro sollen ab 2019 jährlich für Radinfrastruktur zur Verfügung stehen, damit kann viel gemacht werden. Was die Radbahn kosten soll, ist ohnehin noch nicht abschließend geklärt. An dieser Stelle erstmal ein Kompliment, dass das Projekt bis jetzt ehrenamtlich und nur mit der Hilfe privater Unterstützer entwickelt wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen