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Interview mit lesbischem PaarDer Dreimädchenhaushalt

Matzi und Virginie aus Bamberg schaffen in der Debatte ums Adoptionsrecht für Homo-Paare Fakten. Die Frauen erwarten im September ihr Kind.

Durch künstliche Befruchtung können lesbische Paare auch jetzt schon Eltern werden. Hier zwei Frauen mit ihrem Kind auf der Gay Pride Parade in Toronto. Bild: reuters
Martin Reichert
Interview von Martin Reichert

taz: Virginie, Sie sind im siebten Monat schwanger, Matzi, ab Oktober werden Sie Mitverantwortung für das Kind Ihrer Lebensgefährtin tragen - sind Sie beide sicher, dass Sie dem Kind optimale Bedingungen gewährleisten können?

Virginie: Wie bitte?

Die für Sie zuständige Sozialministerin Christine Haderthauer von der CSU findet, "Ehepaarfamilien" gewährleisteten am besten optimale Bedingungen im Sinne des Kindeswohls.

Matzi: Ja, klar. In heterosexuellen Partnerschaften gibt es keine Scheidungen und keine vernachlässigten Kinder...

In der Debatte geht es vordergründig um das gemeinsame Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare - aber adoptieren müssen Sie ja gar nicht?

Matzi: Doch, Virginie ist die leibliche Mutter und wir beide werden eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Dann stelle ich einen Adoptionsantrag beim Jugendamt, dass dann die sozialen Bedingungen prüft. Das dauert ungefähr ein Jahr - wie bei Heteros auch.

Matzi & Virgine

Virginie, 39, stammt aus Frankreich und ist Personalreferentin. Matzi, 36, ist Vertriebsleiterin im IT-Bereich. Beide leben in Matzis Geburtsstadt Bamberg. Zurzeit machen sie Urlaub in Frankreich und freuen sich auf Oktober.

Gemeinsam hätten Sie kein Kind adoptieren können.

Nein, mussten wir ja auch nicht, wir können ja selbst schwanger werden. Wir haben eine dänische Samenbank konsultiert, die an deutsche Arztpraxen liefert und dann glücklicherweise einen Arzt in der Umgebung gefunden, der die Insemination vorgenommen hat.

Glücklicherweise?

Virginie: Das ist eine rechtliche Grauzone, die Ärzte müssen jedoch damit rechnen, dass Sie Ärger mit der Ärztekammer bekommen - und glücklicherweise hat es beim ersten Mal geklappt.

Wissen Sie, wer der Vater ist?

Nein, aber wir haben uns für einen Ja-Spender entschieden. Das bedeutet, dass er damit einverstanden ist, dass unser Kind ihn ab seinem 18. Lebensjahr kontaktieren kann, wenn es möchte.

Anders als Schwule können Sie relativ unproblematisch Tatsachen schaffen. Hatten Sie dennoch Bedenken, diesen Schritt zu tun?

Virginie: Allerdings. Wir haben uns jahrelang schwer getan mit der Entscheidung, hatten alle möglichen Ängste.

So wie Wolfgang Bosbach, Unions-Fraktionsvize der CDU der im Namen seiner Partei sagt "Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass Kinder am besten in einer Beziehung von Mann und Frau aufwachsen".

Virginie: Ja, so ähnlich. Wir hatten aufgrund genau dieser von Konservativen vertretenen Vorurteile Zweifel, ob wir das dem Kind antun dürfen: Wird es von seiner Umwelt blöd angemacht werden? Wird es schikaniert? Wird seine Geschlechtsidentität beschädigt? Und ist es von unserer Seite aus legitim, unsere Wünsche in den Vordergrund zu stellen?

Eine erste repräsentative Studie des Staatsinstituts für Familienforschung an der Universität Ihrer Heimatstadt Bamberg gibt Entwarnung: Sie besagt, dass homosexuelle Paar keine schlechteren Eltern sind. Beruhigt Sie das?

Matzi: Den Entschluss haben wir ja schon vor Bekanntmachung der Studie gefasst - irgendwann war der Kinderwunsch einfach stärker als die Angst. Und ermutigt haben uns vor allem unsere Freunde. Heterosexuelle mit Kindern, besonders die Väter haben uns immer wieder gefragt, wann wir nun endlich loslegen!

Gibt es denn auch Kritik in Ihrem Umfeld?

Matzi: Einige Verwandte Virginies hatten Bedenken. Aber das liegt daran, dass sie Schwule und Lesben nur von den Fernsehbildern des CSD kennen: alles Paradiesvögel. Aber das ist so, als ob man Heterosexuelle auf die Bilder vom Karneval reduziert. Oder auf die aus dem Fußballstadion.

A propos Rollenbilder: Wer von Ihnen wird nach der Geburt Hausfrau und Mutter?

Virginie: Ich werde ein Jahr Elternzeit nehmen, Matzi kann im Anschluss ebenfalls Elternzeit nehmen, weil sich die Regelung auch bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft danach richtet ob "ein Kind im Haushalt" vorhanden ist.

Matzi: Danach haben wir dann wie alle anderen in Bamberg das Problem, einen Krippenplatz zu finden - da hat Frau von der Leyen noch eine Menge zu tun.

Und wird es nun ein Junge oder ein Mädchen?

Virginie: Unsere Frauenärztin hat uns gesagt, dass wir ein Dreimädelhaushalt werden.

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9 Kommentare

 / 
  • HK
    Henny K.-Teslanova

    Ihr Familienglück sei ihnen gegönnt. Und dem Mädchen auch Kontakt zu einem Vater, denn der ist auch für Mädchen wichtig... ob homo- oder heterosexuell.

  • M
    Mausibär

    Lustig dieser Vojourismus - jetzt werden Lesben als vorzeige Familien präsentiert - nach dem Motto

    " wir können es auch "

     

    Bei lesbischen Frauen war es immer schon so, dass viele von Ihnen Kinder mit in eine lesbische Beziehung eingebracht und gemeinsam aufgezogen haben. Frauen können Gebären* dadurch sind sie per se Familie - nur der Mann braucht die Frau um sich den Status "Familien-Vater" zu erwerben. Und genau aus diesem Grund wird die (hetero-) Familie unter den besonderen Schutz gestellt, damit manN partizipieren kann.

     

    @Andreas...meist ist Technik hygenischer, als die natürliche Variante* denke dabei an die vielen G..Krankheiten ...*

  • L
    Lyyn

    @Gockeline

    Richtig gesagt - aber beschränken wir uns nicht nur auf diesen Haushalt! Wir sollten es bei allen schwangeren Familien tun, die glauben sie könnten glücklich werden.

    Du merkst schon, dass deine Aussage keinen Inhalt hat, oder?

     

    Grüße

  • G
    Gockeline

    Heute hui morgen pfui!

    Heute ist alles perfekt,

    aber schaut mal nach in 10-15 Jahren was aus dieser Familie gworden ist?

  • V
    vic

    Ich wünsche den Dreimädeln ein glückliches Leben, und ein dickes Fell in dieser Umgebung.

  • JT
    Jutta Thorne

    Hallo allerseits,

     

    Frau Zypries hatte in der rotgrünen Koalition jahrelang die Möglichkeit gehabt, sich für die Rechte von Schulen und Lesben einzusetzen. Die Möglichkeit der Adoption könnte mit rotgrüner Mehrheit schon längst Gesetz sein - und dies ist nur ein Punkt von vielen.

     

    Wir wissen alle: Sie hat es nicht getan.

     

    Dass sie diesen Vorschlag ohne Aussicht auf eine zeitnahe Umsetzung vor der Wahl im Sommerloch unterbreitet, zeigt lediglich, dass sie

    auf Stimmenfang ist und das Wahlvolk für ziemlich dumm hält.

     

    Eine Scheindiskussion ist es allemal. Die Anforderungen an adoptionswillige Paare ist hoch.

    Mich würden die Zahlen interessieren. Wieviele in Deutschland geborene Babys wurden denn überhaupt im letzten Jahr adoptiert? Von wievielen Paaren reden wir hier, von 100, von 1000, 10000? Nach welchen Kriterien wird entschieden, welches Paar ein Baby adoptieren darf?

    Die offizielen Kriterien sind mir bekannt. Dennoch

    kam es mir bislang eher so vor, dass Pflegeeltern mit einer Babyadoption "belohnt" wurden, die zuvor schwer erziehbare Kinder und halbkriminelle Jugendliche aufgenommen haben. Vielleicht lässt gerade das Sommerloch die Zeit, um hieraus etwas mehr zu machen als ein Werbetextchen für Frau Zypries? :-)

  • A
    Andreas

    Irgendwie habe ich bei dieser technischen Form der Befruchtung ein eigenartiges Gefühl.Es haftet ihr etwas kaltes und gefühlloses an. Der Samen wird von einer dänischen Samenbank geliefert. Wonach wird der Spender, der der tatsächliche Kindsvater ist, ausgewählt? Gibt es da einen Katalog mit Fotos und Beschreibungen? Wie teuer ist das Sperma und der "Inseminationsakt"? Was machen die beiden Frauen, wenn ihr Kind doch den Vater sehen will, bevor es 18 Jahre alt ist?

     

    Übrigens, liebe Taz, gibt es auch Lesben und Schwule in der CDU/CSU, sogar in organisierter Form. Ich hatte heute im Radio ein Interview mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der LSU (Lesben und Schwule in der Union) gehört. Aber das passt nicht ganz in euer Weltbild...

     

    MfG

    Andreas

  • MW
    Matthias Warkus

    »Einige Verwandte Virginies hatten Bedenken. Aber das liegt daran, dass sie Schwule und Lesben nur von den Fernsehbildern des CSD kennen: alles Paradiesvögel.« - und dann aber den Artikel mit gepiercten Klischeelesben bei einer Gay Pride Parade bebildern? Und warum die beiden Frauen duzen und ausschließlich beim Vornamen nennen - weil alle Lesben und die an ihrem Wohlergehen Interessierten eine kumpelige Community bilden? Mir bleibt nur Kopfschütteln und der Verweis auf den jeder Heteronormativität fernstehenden Max Goldt, der zum Thema Duzen und Anbiedern ("die Jungs und Mädels von ...") viel Richtiges gesagt hat.

  • D
    DiversityAndEquality

    Gute Antworten auf mittelalterlich "begründete" Fragen! Und wann bringt die @taz mal etwas über einen "Dreimännerhaushalt"? Wenn schon Gleichberechtigung, dann bitte richtig!