Internetradio byte.fm wird 1: Mit Biss statt Schiss
Das Internetradio byte.fm feiert am Freitag seinen ersten Geburtstag. Mit seinem hochwertigen Popprogramm besetzt der kleine Sender eine Lücke, die die große ARD partout nicht füllen will.
Wenn Journalisten einen Sender preisen, wollen sie ihm damit keineswegs schaden, aber in der nicht unverrückten Medienwelt kann das schon mal passieren. So im August dieses Jahres, als ein recht positiv gestimmter taz-Artikel über das Hamburger Internetradio byte.fm erschien (taz vom 19. August) - einen Sender, der ein hochwertiges musikjournalistisches Programm bietet, geliefert überwiegend von Experten, die sich als freie Mitarbeiter verschiedener ARD-Sender ein gewisses Renommee erworben haben.
Zu dem Zeitpunkt gab es bei byte.fm auch "Ocean Club". Die Sendung läuft eigentlich auf der RBB-Welle Radio Eins, aber aus Solidarität mit dem noch jungen Internetprojekt reichten die Macher einige Monate lang jede Ausgabe zur Ausstrahlung nach Hamburg weiter. Davon erfuhr man in der ARD erst durch den taz-Artikel. Die Folge: Der "Ocean Club" darf seitdem nicht mehr bei byte.fm laufen.
Diese Entscheidung ist juristisch gesehen natürlich völlig korrekt, denn Radio Eins finanziert die Sendung und hat alle Rechte. Unter anderen Aspekten ist das Verbot nicht plausibel: byte.fm hören täglich 7.000 bis 8.000 Menschen - für den Sender erfreulich, aber nach ARD-Maßstäben nicht die Welt. Zudem handelt es sich um ein ehrenamtlich produziertes Kulturprogramm im besten öffentlich-rechtlichen Sinne, und wenn dies geschmückt wird durch eine gebührenfinanzierte Sendung, ist das kein Widerspruch zu dem Zweck von Gebühren. Das sieht man teilweise wohl auch bei Radio Eins so. Die Entscheidung, dass der "Ocean Club" nicht mehr bei byte.fm laufen darf, sei nicht im Haus gefallen, sondern auf ARD-Ebene, heißt es in Potsdam.
Heute feiert byte.fm, der kleine Sender, dem die große ARD so viel Aufmerksamkeit widmet, mit einem Ball seinen einjährigen Geburtstag. Möglicherweise trifft man bei der Veranstaltung auch Vertreter der mittleren ARD-Führungsebene, denn von denen hört man nur großes Lob für byte.fm. Manche Programmdirektoren empfinden das Internetradio aus St. Pauli dem Vernehmen nach dagegen als Konkurrenz. Vielleicht, weil byte.fm die musikjournalistischen Kompetenzen von verschiedenen ARD-Wellen bündelt - und damit eine Lücke besetzt, die die die Öffentlich-Rechtlichen durch die Gründung eines entsprechenden Spartenkanals ja selbst längst hätten füllen könnten.
Doch der Trend in der ARD geht in die Gegenrichtung. Symptomatisch dafür ist die Entscheidung des Hessischen Rundfunks, zum Jahresende die Musiksendung "Der Ball ist rund" abzusetzen, mit der sich der auch für byte.fm (und für die taz) tätige Moderator Klaus Walter innerhalb des vergangenen Vierteljahrhunderts den Ruf eines deutschen John Peel erarbeitet hat. Mehr als 3.000 Menschen haben mittlerweile eine Petition gegen die Einstellung unterschrieben. Das hat den HR-Verantwortlichen, an die sich die Organisatoren der Petition Mitte November mit einem offenen Brief wandten, aber bisher noch keine Reaktion entlocken können. "Wir sind sehr enttäuscht über diese offen zur Schau getragene Ignoranz", teilen die Aktivisten mit.
Zumindest einen ungefähren Eindruck davon, was durch das Ende von "Der Ball ist rund" verloren gehen würde, kann man heute Abend bei der Geburtstagsparty im "Uebel & Gefährlich" bekommen: Klaus Walter legt ebenso auf wie viele andere byte.fm-Moderatoren.
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