Internationales Literaturfestival: Mit Herta Müller zur Slam-Revue

GROSSE WORTE (1): Das 12. Internationale Literaturfestival präsentiert seine AutorInnen auch jenseits klassischer Formate. Die taz erzählt jeden Tag eine Geschichte darüber

Woran bemisst man die Interessantheit eines Literaturfestivals? An der Größe der Namen, die es präsentiert? Nun, da hat das Internationale Literaturfestival Berlin, das heute eröffnet wird, einiges zu bieten. Liao Yiwu, der regimekritische chinesische Autor, spricht zur Eröffnung (und macht Musik). Nobelpreisträgerin und Lokalmatadorin Herta Müller stellt ihren nagelneuen Gedicht-Collagenband vor. Die Sexskandalautorin Catherine Millet kommt, auch Peter Nádas, Isabel Allende, Zeruya Shalev, Tim Parks, Kiran Nagarkar und viele andere berühmte Autoren aus aller Welt. Dem Wort „international“, das es im Namen trägt, macht dieses Festival in seinem zwölften Jahr alle Ehre.

Aber die Namen sind nicht alles. Es kommt auch darauf an, wie das Festival Literatur präsentiert. Da hat sich die neue Leitung – neben den bewährten Festivalchef Ulrich Schreiber ist der Literaturimpresario Thomas Böhm als Programmchef gerückt – erkennbar einiges vorgenommen.

Selbstverständlich gibt es die klassische Vier-Augen-Gesprächssituation: Ein Moderator stellt möglichst kluge Fragen, ein Autor gibt, wenn es gut läuft, noch klügere Antworten. Aber dazu kommt eine ganze Fülle anderer Formen. Von der thematischen Podiumsdiskussion – so werden etwa Georg Seeßlen und Markus Metz gegen Neoliberalismus und Postdemokratie agitieren – über eine Slam-Revue bis hin zu einem Graphic Novel Day, einer Komplettlesung von Hesses „Siddharta“ und, als Vor-Auftakt des neuseeländischen Gastlandprogramms bei der Frankfurter Buchmesse im Oktober, eine Lange Nacht der Maori-Geschichten.

Besonders ehrgeizig ist das Schwerpunktprogramm: Unter dem Motto „Literarischer Rettungsschirm für Europa“ sollen zwei Dutzend Autoren so etwas wie ein europäisches Bewusstsein jenseits von Brüssel und Eurokrisen herstellen. Diskutiert wird über europäische Identität, die politischen Probleme in Ländern wie Rumänien, Abschottung und Öffnung, die Möglichkeiten einer europäischen Öffentlichkeit. Mitwirkende sind Autoren wie Karl Schlögel, Janne Teller, Matthew Sweeney, Hallgrimur Helgason, Györgi Dragomán und lustigerweise auch Matthias Matussek.

Literatur wird von diesem Festival eben nicht nur als Möglichkeit der Begegnung mit Schriftstellern inszeniert, sondern als Rahmen, um über das eigene Selbstverständnis nachzudenken. Mal sehen, wie das funktioniert. Warum nicht unbescheidene Ansprüche stellen? Im Idealfall bewirkt die Veranstaltung, dass Europa – trotz aller Probleme – intellektuell ein Stück mehr zusammenwächst.

Wir finden das alles so interessant, dass wir bis zum Festival-Ende am 16. September täglich an dieser Stelle berichten. Fast zwei Wochen ein täglicher Report aus literarischen Welten. Das Programm und weitere Informationen finden sich unter www.literaturfestival.com.

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