Internationales Abkommen Energiecharta: Proteste gegen fossilen Saurier
Das Investitionsschutzabkommen für die Energiewirtschaft soll Konzerne schützen. KritikerInnen sagen jedoch, dass es die Energiewende blockiere.
Ukrainekrieg und Klimakrise zeigten derzeit die Folgen der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, sagte Ludwig Essig vom Münchner Umweltinstitut. „Gerade in diesen Zeiten müssen die demokratisch gewählten Regierungen die Handlungsfreiheit haben, eine zügige und sozial gerechte Energiewende umzusetzen.“ Genau dies behindere der Energiecharta-Vertrag. Er schütze Investitionen in fossile Brennstoffe und blockiere Maßnahmen für die Energiewende.
Derzeit hat das Abkommen 53 Mitglieder. Ziel bei der Unterzeichnung 1994 war es, Osteuropa und die Nachfolgestaaten der Sowjetunion in die europäischen Energiemärkte einzubeziehen. Damit die westlichen Konzerne investierten, wurde ihnen durch Schiedsgerichte Schutz vor staatlicher Willkür zugesichert. Im Februar 2021 verklagten so die deutschen Firmen RWE und Uniper die Niederlande vor einem Schiedsgericht in Washington. Das Land hatte die Kohle-Verstromung ab 2030 verboten, aber anders als in Deutschland keine Kompensationen für betroffene Konzerne vorgesehen.
Vattenfall hatte 2012 vor demselben Schiedsgericht gegen die Bundesrepublik wegen des Atomausstiegs geklagt. Außergerichtlich einigte sich der schwedische Energiekonzern dann mit Berlin auf die Zahlung von 1,4 Milliarden Euro für die vorzeitige Abschaltung von zwei AKWs.
Auch Minister Habeck gegen Charta
Auch die Bundesregierung ist für eine Reform der Energiecharta: „Aus Klimaschutzperspektive“ sei die Energiecharta einer „der schädlichsten“ Verträge, schrieb Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der taz. Das Investitionsschutzsystem müsse „grundlegend reformiert werden“.
Am Dienstag hatte das Parlament der Niederlande bereits eine Resolution mit der Forderung verabschiedet, aus der Energiecharta auszutreten – und war damit dem spanischen Parlament gefolgt. Am Donnerstag zogen fünf von Klimakatastrophen betroffene AktivistInnen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um die Energiecharta dort zu Fall zu bringen.
Mit dem Vertrag ließen sich die Ziele des Pariser Abkommens nicht erreichen. Eine der Klägerinnen ist eine 17-Jährige aus dem Ahrtal, das im vergangenen Jahr durch Überschwemmungen verwüstet wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge