Internationale Tourismusbörse: Alle Welt will reisen
Der Tourismus wächst und wächst. Auf der ITB in Berlin wird über den Umgang mit zu vielen Touristen an einem Ort diskutiert.
W enn beispielsweise die Alhambra in Granada überlaufen ist und für einen bestimmten Tag keine Tickets mehr verfügbar sind, muss man daneben eben ein Einkaufszentrum bauen, um die Leute solange anderweitig zu beschäftigen“, sagt der neue Generalsekretär der Welttourismusorganisation (UNWTO), Zurab Pololikashvili, in einem Interview mit der Welt. Ein pragmatisch Vorschlag unter vielen zum Thema „Overtourism“, das auf der diesjährigen Internationalen Tourismusbörse (ITB) viel diskutiert wurde.
Als die am stärksten von Overtourism betroffenen Städte wurden Mexiko-Stadt, Schanghai, Venedig, Peking, Hongkong, Istanbul, Amsterdam, Florenz, Barcelona genannt. Touristenabgaben und Bettensteuern, Autos aus der Innenstadt verbannen, Anmeldesysteme für die großen Sehenswürdigkeiten einführen, die Besucherströme anders lenken, die Urlauber besser verteilen, all das waren die Ansätze, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Und man sucht nach technischen Lösungen, um das Fliegen klimafreundlicher zu machen: Wie im Straßenverkehr experimentiert man im Flugverkehr mit der Beimengung von Biokraftstoffen zu den fossilen Kraftstoffen, um die CO2-Emissionen herunterzufahren.
2017 war ein fantastisches globales Reisejahr. Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) bescheinigte der Branche glänzende Aussichten. Im vergangenen Jahr gaben Deutschlands Urlauber die Rekordsumme von gut 96 Milliarden Euro (Vorjahr: rund 88 Mrd.) aus. Wachstum auch bei Fernreisen: 72 Prozent aller Urlaube führten im vergangenen Jahr ins Ausland, so viele wie nie zuvor.
Auch weltweit boomt der Tourismus: Die Zahl der Auslandsreisen wird laut der Prognose des World Travel Monitor 2017/2018 in diesem Jahr um rund 5 Prozent zunehmen. Touristenzahlen aus Ländern wie China und Indien wachsen stark. Im vergangenen Jahr wurden global 1,152 Milliarden Auslandsreisen gezählt, ein Plus von 6,5 Prozent im Vergleich zu 2016. Die UNWTO propagiert Tourismus als Entwicklungshelfer, sie präsentiert immer neue Wachstumsrekorde weltweit und betont dabei gleichzeitig den wichtigen Beitrag des Tourismus zu nachhaltiger Entwicklung. Wie soll das eigentlich gehen? Wachstums-Rekorde und gleichzeitig Nachhaltigkeits-Beschwörungsformeln.
Der skurrile Vorschlag eines Einkaufszentrums neben der Alhambra wird in dieser „Wachstum über alles“-Logik kaum als absurd wahrgenommen. Er entspricht den herrschenden Denkmustern. Es geht um Big Business, Verwertung. Landschaftsschutz, Reduzierung, Einschränkung, Fragen nach Partizipation, Ökologie, Ästhetik passen nicht in diese brachiale Steigerungslogik des freien Marktes. Aber man könnte das Einkaufszentrum ja durchaus angepasst im Stil der Alhambra bauen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen