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Internationale GletscherkonferenzRetter des ewigen Eises gesucht

Schmelzende Gletscher bedeuten weniger Trinkwasserspeicher. In Tadschikistans Hauptstadt Duschanbe berät die Weltgemeinschaft, was zu tun ist.

Noch ein Selfie: Tou­rist:in­nen vor dem Pers Gletscher, Pontresina, Schweiz, Juli 2022 Foto: Arnd Wiegmann/reuters

BERLIN taz | 275.000 Gletscher gibt es weltweit aktuell noch. Aber die Klimaerhitzung sorgt dafür, dass ihre Fläche überall zurückgeht – und damit auch die Menge von Trinkwasser, die sie speichern. Das hat oft dramatische Folgen. Von diesem Donnerstag bis Sonntag wollen die Delegierten auf einer Internationalen Gletscherkonferenz in der tatschikischen Hauptstadt Duschanbe deshalb eine Deklaration mit konkreten Schritten zum Schutz des ewigen Eises verabschieden.

Die Folgen der Gletscherschmelze zeigen sich zum Beispiel in Lima: Perus Hauptstadt liegt in einer der trockensten Gegenden der Welt, über Jahre gemittelt, gibt es dort lediglich 13 Millimeter Regen pro Jahr auf den Quadratmeter. Das ist fast viermal weniger Niederschlag als in der Sahara.

Überleben können die fast zehn Millionen Einwohner nur, weil es drei Flüsschen gibt, die Trinkwasser aus den Anden transportieren – der Rio Chillón im Norden, der Río Rímac im Zentrum und der Rio Lurin im Süden. Gespeist werden diese Lebensadern Limas von Andengletschern. Noch. Denn wegen der steigenden Temperaturen durch den Klimawandel sind diese spätestens in zehn Jahren verschwunden.

Dass die Gletscherschmelze lebensbedrohlich ist, darauf will die UNO verstärkt hinweisen: Sie rief das Jahr 2025 zum „Internationalen Jahr des Erhalts der Gletscher“ aus. Damit es aber nicht nur bei Symbolpolitik bleibt, tritt nun die Konferenz in Duschanbe zusammen. Die „Duschanbe Deklaration“ soll im Herbst auf der UN-Generalversammlung beraten werden und in die Weltklimakonferenz COP30 im November im brasilianischen Belem einfließen.

Wasser und Klima brauchen Geld

Zudem soll ein Fonds für den Gletscherschutz gegründet werden. Die UNO erklärt das Ziel der Konferenz so: „Durch die Verknüpfung von Wasser- und Klimaagenda zielt die Konferenz darauf ab, die Bemühungen zum Gletscherschutz mit den globalen Zielen für Wasser-, Energie- und Ernährungssicherheit zusammenzubringen.“ Die Bundesrepublik wird von Spezialisten der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ und des Umweltbundesamtes, sowie durch den Botschafter in Tadschikistan vertreten.

Dass die Konferenz gerade hier in Zentralasien zusammen trifft, kommt nicht von ungefähr: In Tadschikistan ist bereits ein Drittel der Gletscherfläche verschwunden, Zentralasien ist von den Folgen der Klimaerhitzung ähnlich stark betroffen wie Europa. „Bei uns ist die Temperatur in nur 40 Jahren im Jahresmittel um 2 Grad gestiegen“, erklärt Vladimir Romanovsky vom Institut für Wasserprobleme und Hydroelektroenergie an der Kirgisischen Akademie der Wissenschaften. „Und wenn das so weiter geht, wird sie 2070 5 Grad höher sein“, sagt Romanovsky.

Aktuelle Hitzerekorde

Gerade erst gab es ungewöhnlich früh im Jahr eine schwere Hitzewelle: In mehreren Ländern wurden neue Temperaturrekorde gemessen, in Kirgistans Hauptstadt Bischkek kletterte das Thermometer Mitte Mai auf 37,1 Grad. Hier gibt es auch den größten kontinentalen Gletscher der Welt. Der Vanch-Yakh liegt im Pamir und ist 70 Kilometer lang und bedeckt über 700 Quadratkilometer Fläche – noch. Denn binnen der vergangenen 80 Jahre ist er um einen Kilometer zurückgegangen, was den Verlust von ungeheuren Mengen Trinkwasser bedeutet.

Auch in den Alpen ist die Gletscherschmelze dramatisch: Binnen der letzten 25 Jahre tauten rund 39 Prozent des Gletschereises, wie eine im Februar veröffentlichte Studie ergab. „Die heutige Größe der Gletscher lässt sich nicht mehr retten, selbst wenn alle Länder augenblicklich auf die Emissionen von Treibhausgasen verzichten würden“, erklärt Christian Sommer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der an der Studie beteiligt war.

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1 Kommentar

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  • Die Klimakatastrophe ist nur ein Fragment des globalen Ökozids. Wassermangel, Seuchen, Artensterben, Feuersbrünste, Meervermüllung und -überfischung, Umweltgift in jedem Organ jedes Lebewesens, usw. bilden eine endlose Liste, die als Ganzes gesehen und global bekämpft werden muss. Mehr noch: Die Menschheit ist nicht der Nabel der Welt, sondern eine Spezies, die durch Gier zum Parasiten wurde. Wir dürfen nicht länger üner unsere ökologischen Verhältnisse leben. Immer weniger Menschen profitieren davon, und die, die es NOCH tun, handeln auf Kosten nicht nur anderer, sondern der eigenen Spezies. Nichts Neues, aber die Schäden am Ökosystem sind mittlerweile irreversibel. Wer glaubt, dass das Great Barrier Reef eine Zukunft hat? Die Alpengletscher? Spezies XY auf der Roten Liste? Die kumulierten Schäden machen den meisten Sapiensen das Leben schwerer, manchen zur Hölle. Was ist mit Tieren, Pflanzen, Pilzen? Sind das etwa keine Leute?

    Die Große Ablenkung muss überwunden werden. Richtet so wenig Schaden an wie möglich. Fragt Euch bei jedem Kauf: Brauche ich das? Ist es haltbar, reparierbar, recycelbar? Verreist im Geiste oder mit Arte statt mit dem Flieger.