Integrationsprojekt in Berlin: Afrika-Verein steht vor dem Aus
Der Verein Joliba, der auch mit den Dealern im Görli arbeitet, wird nicht mehr vom Senat unterstützt – obwohl der Jolibas Arbeit jetzt mit einem Preis würdigt.
Die Verteilung der Senats-Fördergelder für Integrationsprojekte gerät erneut in die Kritik: Der Verein Joliba beschwert sich, dass er keine finanzielle Unterstützung mehr vom Senat bekomme. Die Vereinsvorsitzende Katharina Oguntoye fürchtet: „Afrikanische Menschen sind der Politik völlig egal.“
Joliba in der Görlitzer Straße in Kreuzberg bietet Menschen afrikanischer Herkunft Sozialberatung, Computer- und Deutschkurse und hilft bei familiären Problemen. Sozialarbeiter des Vereins bauten im Sommer erste Kontakte zu den Afrikanern im Görlitzer Park auf, die dort als Hasch-Dealer arbeiten und damit Anwohnerprotest auslösten. Sie wurden von Joliba zu Sozialberatung und Gesprächen über Zukunftsaussichten und Berufspläne eingeladen.
In den vergangenen zwei Jahren wurde der Verein nach eigenen Angaben vom Senat mit je 20.000 Euro gefördert – die er sich mit dem Afrika-Haus Berlin und dem Afrika Medien Zentrum teilen musste. Dazu kamen 2013 noch 4.000 Euro vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg für die Arbeit im Park. Ansonsten ist der Verein, der drei Sozialarbeiter beschäftigt, auf Bürgerarbeit und Spenden angewiesen.
Die Integrationsbeauftragte des Senats, Monika Lüke, die über die Fördergelder für Integrationsprojekte entscheidet, sagt, Joliba könne nicht mehr berücksichtigt werden, weil sein Fokus auf der bezirklichen Arbeit liege und nicht landesweit sei. Außerdem habe man bei 140 Bewerbungen für 1,5 Millionen Euro nur die Besten auswählen können. „Dabei haben wir die Hauptherkunftsregionen berücksichtigt und auf eine stadträumliche Verteilung der Projekte geachtet“, so Lüke. Künftig würden drei afrikanische Vereine gefördert: etwa das Oromo Horn vom Afrika Zentrum.
Für Katharina Oguntoye ist Lükes Argument „totaler Unsinn“. Man habe die bisherige überbezirkliche Kooperation dem Afrika-Haus in Moabit und dem Afrika Medien Zentrum im Wedding mit dem neuen Förderantrag ausbauen wollen. Zudem, so Oguntoye, „schicken uns Jugendämter aus ganz Berlin Leute“: afrikanische Familien mit Problemen, denen mit aufsuchender Familienhilfe unter die Arme gegriffen werden soll. Joliba ist laut Oguntoye der einzige Träger in Berlin, der ausgebildete Sozialarbeiter mit spezieller Kompetenz für afrikanische Migranten beschäftigt.
Auch die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), kann die Einstellung der Förderung durch den Senat nicht nachvollziehen. Beim Görli-Projekt mit den dealenden Flüchtlingen „haben wir durch Joliba Zugänge bekommen, die wir sonst nicht haben“, sagte sie der taz. Und die Debatte um die Flüchtlinge im Park und am Oranienplatz habe doch wahrlich überbezirkliche Bedeutung. „Ich rede darüber ständig mit dem Senat“, so Herrmann. Zudem habe Joliba auch bei der Familienhilfe eine multikulturelle Kompetenz, die nicht nur das Kreuzberger Jugendamt nutzen würde, bestätigt Herrmann die Aussage von Oguntoye.
Die Förderpolitik der Integrationsbeauftragten ist in den vergangenen Monaten wiederholt kritisiert worden. Im Sommer hatte Lüke neue Richtlinien für die Vergabe der Gelder vorgestellt, die vielen Vereinen als undurchdacht und bürokratisch erschienen. Vor knapp einem Monat hatte sich der Afrika-Rat, ein Zusammenschluss von Vereinen, öffentlich beschwert, dass er in der neuen Förderperiode nicht berücksichtigt wird, ebenso der palästinensische Verein Al-Huleh (taz berichtete).
Ob die Politik hier stringent agiert, kann in der Tat bezweifelt werden: Denn während Joliba von der Integrationsbeauftragten als nicht förderungswürdig erachtet wird, bekommt der Verein gleichzeitig einen Preis – vom Berliner Ratschlag für Demokratie, einem Bündnis, das ebenfalls in der Senatsverwaltung für Integration angesiedelt ist.
Kein Wunder also, dass die Vorsitzende von Joliba das Gefühl hat, dass es bei der Förderablehnung nicht um ihre Arbeit geht, sondern um Animositäten des Senats gegen Kreuzberg – wegen der Flüchtlinge. Für die sei die Entscheidung besonders schade, so Oguntoye. „Wir haben mit unserem Miniprojekt im Görli einen Bedarf an Beratung geweckt, den wir nun nicht mehr decken können.“ Zwar überlege nun der Bezirk, erneut für das Dealer-Projekt einzuspringen, so Herrmann: „Aber wir kriegen natürlich nur Peanuts zusammen.“
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