piwik no script img

Integration von FlüchtlingenMaas will Schoa besser vermitteln

Keine Toleranz gegenüber Antisemitismus: Heiko Maas plädiert beim jüdischen Gemeindetag dafür, auch von Geflüchteten ein klares Bekenntnis zu verlangen.

Damit irgendwann tatsächlich niemand mehr Angst haben muss, sein Jüdischsein in Deutschland zu zeigen, will Maas die Shoah auch in Integrationskursen thematisieren Foto: reuters

Berlin epd | Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) spricht sich dafür aus, die Schoa auch in den Integrationskursen für Flüchtlinge zu thematisieren. Der Mord an den europäischen Juden habe den Weg für das Grundgesetz geebnet. „Deshalb halten wir Menschenwürde und Religionsfreiheit so hoch“, sagte Maas am Sonntag zum Abschluss des jüdischen Gemeindetags 2016 in Berlin. „Das muss jeder wissen, der hierbleiben will.“

Maas forderte null Toleranz gegenüber jeder Form von Antisemitismus und ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels. „Diese Grundsätze müssen wir auch Menschen vermitteln, die in den letzten Jahren als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind“, betonte der SPD-Politiker. Sie kämen oft aus Ländern, deren Regierungen Hass gegen Israel schürten. Jeder der Zuwanderer müsse aber wissen, dass Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zwei Seiten einer Medaille seien, auf der das Wort Rassismus stehe.

Zugleich appellierte Maas an „die schweigende Mehrheit der Bevölkerung“, gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit aufzustehen. „Nirgends dürfen wir den verbalen Brandstiftern das Feld überlassen“, sagte der Minister, nicht auf dem Fußballplatz, nicht in Lokalen und nicht auf den Social-Media-Kanälen.

Jüdische Kultur und jüdisches Leben in Deutschland bezeichnete Maas als „unverdientes Glück“. Die Politik und Gesellschaft müssten alles dafür tun, dass dies so bleibe. „Niemals wieder sollen Menschen in Deutschland Angst davor haben, ihr Jüdisch-sein öffentlich zu zeigen“, sagte er.

Von Donnerstag bis Sonntag trafen sich rund 1.200 Vertreter jüdischer Gemeinden in Deutschland unter dem Motto „ein Dach, eine Familie“ zu Diskussionen und Austausch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der Justizminister entwickelt sich mehr und mehr zum Erdogan der rotgrünen Fundamentalbewegung. Aber bitte, ihr habt das ja gewählt.

  • Ich halte es für einen fundamentalen Fehler, Antisemitismus stets mit dem Schwerpunkt Schoa/Holocaust vermitteln zu wollen. Es ist sicher ein erster und auch zwingender Ansatz, aber gerade Nachkriegsdeutschland leidet unter einem erheblichen Wissensrückstand über die "Natur" oder die Eigenschaften des Antisemitismus, da Antisemitismus generell als deutsches Alleinstellungsmerkmal angesehen wird. Antisemitismus als "Judenhass" zu bezeichnen, stellt eine unzulässige Verkürzung des Begriffs dar. Die Reduktion auf das "Dritte Reich" setzt dabei noch mal einen oben drauf.

    Antisemitismus reproduziert sich zuvorderst selber, weil er kognitiv attraktive Narrative bietet, die im Lichte der Unwissenheit wachsen.

    Antisemitsismus ist zunächst ein Weltmodell auf dessen Grundlage Hass unausweichlich entsteht. Antisemitismus ist noch weniger Rassismus, sondern eine zeitstabile Idee, welche Denkweisen und Argumentationsmuster durchdringt. Der Antisemitismus in seiner Struktur erfüllt dabei erstaunlicherweise selber viele Eigenschaften, welche dem Inhalt dieser Ideenwelt entsprechen: Er ist das Geschwür im Gesunden, er bringt die Menschen gegeneinander auf, er ist die unsichtbare Macht, die alles beeinflusst.

    Das fehlende Wissen über die Gestalt des Antisemitismus und dessen Erscheinungsformen ist vermutlich auch der Hauptgrund, warum selbsternannte "Linke" ernsthaft glauben, gegen Antisemitismus immun sein zu müssen.

    Und so werden auch weiterhin viele Linke, in Abwesenheit jeder Kenntnis, argumentieren, Israel sei von den Juden zu unterscheiden, ein "Gebilde", das geographisch dort nichts zu suchen habe und Antizionismus legitim.

    • @Liberal:

      Shoa ohne Antisemitismus vermitteln geht auch nicht.

       

      "Antisemitismus als "Judenhass" zu bezeichnen, stellt eine unzulässige Verkürzung des Begriffs dar."

       

      Aber vielleicht die Verkürzung auf den relevanten Begriff, wenn man nicht wie die antideutsche Linke in den 90ern jeden Linken als verkappten strukturellen Antisemiten denunzieren will, weil er die Klasse der Kapitalisten populistisch antagonisiert. Am Ende ist es ironischerweise durchaus "strukturell antisemitisch" den Antisemitismus als "unsichtbare Macht, die alles beeinflusst" zu modellieren, und zwar apolitisch.

       

      "Und so werden auch weiterhin viele Linke, in Abwesenheit jeder Kenntnis, argumentieren, Israel sei von den Juden zu unterscheiden, ein "Gebilde", das geographisch dort nichts zu suchen habe und Antizionismus legitim."

       

      Das, was der Staat Israel richtig oder falsch macht, hat da erst mal nichts in dem Zusammenhang verloren. Als Menschen mit der Perspektive Europa ist uns der Nationalstaat verständlicherweise suspekt. Die ideologischen Schleifen, wenn mit völkisch-nativistischen Vorstellungen die Staatlichkeit Israels dogmatisiert wird, sind absurd. Es gibt viele Juden, die keine Zionisten sind, sogar dezidiert antizionistisch, und deutschen Anhängern der jüdischen Religion ist auch klar, dass sie im heutigen Europa mittelfristig sicherer leben können als im nahen Osten. Für viele liberale Juden ist es attraktiv von Israel nach Deutschland zu kommen, wo sie willkommen sind. Mir sind alle verdächtig, deren Weltbild sich nur um den Israelkonflikt dreht, und die Unverzichtbarkeit dieses Staates behaupten. Da sind wir in Deutschland doch schon weiter und können uns ein Leben ohne deutschen Nationalstaat vorstellen.