Asiatische Entwicklungsbank: Die Bank, die den Westen spaltet
Streit über die von China geplante Entwicklungsbank: Die USA fürchten die Dominanz Pekings. Deutschland, Frankreich und Italien wollen mitmachen.
PEKING taz | Als die chinesische Führung im Herbst auf dem Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Staaten (Apec) in Peking die Pläne für eine neue Entwicklungsbank vorstellte, sorgte sie bei den US-Vertretern noch für Gelächter. Solange die reichen Industriestaaten sich einig sind und sich nicht beteiligen, brauche man Chinas Vorhaben auch nicht ernst zu nehmen, lautete der Tenor in der US-Delegation.
Zum großen Ärger der USA wollen sich jetzt aber auch Deutschland, Frankreich und Italien an der von China initiierten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) beteiligen. Als erstes Land unter den westlichen Industriestaaten war vergangene Woche bereits Großbritannien ausgeschert und hatte seine Teilnahme angekündigt.
Als neue Investitionsbank könne die AIIB eine wichtige Rollen spielen, um Kapital für die großen Bedürfnisse an Infrastruktur in Asien zur Verfügung zu stellen, begründete die Bundesregierung ihre Entscheidung. „Die AIIB wird so die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Region befördern und zum Wachstum der Weltwirtschaft beitragen.“
Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD), der sich derzeit in Peking aufhält, begrüßte diesen Schritt. „Ich finde einen Beitritt gut“, sagte er vor Journalisten, „je mehr Länder mitmachen, desto besser.“
Peking will mit der Bank weltweit Infrastrukturvorhaben wie etwa den Bau von Eisenbahnen, Straßen oder Energieprojekte finanzieren. Nach einem Bericht der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua überlegen auch die Schweiz und Luxemburg, bei der AIIB einzusteigen.
Washington lehnt das von Peking angeschobene Finanzinstitut ab. Ein US-Regierungsvertreter sagte am Dienstag zwar, es sei Sache jedes Landes, ob es sich bei der AIIB beteilige. Doch die US-Regierung hat schon aus ihrem Ärger über die Briten keinen Hehl gemacht. Offiziell heißt es, sie bezweifele, dass die AIIB den hohen Anforderungen an guter Unternehmensführung und der Berücksichtigung sozialer und umweltpolitischer Standards gerecht werden kann.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Vor allem befürchten die USA, unter Pekings Ägide könnten vor allem chinesische Staatsunternehmen bei der Vergabe von Aufträgen bevorzugt werden. Außerdem sieht Washington in der AIIB eine unmittelbare Konkurrenz zur Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB).
Konkurrenzkampf China – USA
China und die anderen Schwellenländer kritisieren seit Jahren, dass Weltbank und IWF Finanzorgane seien, die von den USA dominiert werden. Vor allem China hat mehrfach gefordert, den Stimmschlüssel im IWF und den Proporz zugunsten der Schwellenländer zu verschieben. So verfügen die USA über 16,75 Prozent der Stimmanteile, Deutschland über 5,81 Prozent. China, die inzwischen zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, hat nur 3,81 Prozent.
Doch auch Chinas Führung geht es mit der Gründung einer neuen Entwicklungsbank nicht nur um eine gerechtere Stimmverteilung. Sie will ihren weltweiten Einfluss erhöhen. So soll die Bank ihren Sitz in Peking haben. Die Hälfte des vorgesehenen Gründungskapitals von rund 100 Milliarden US-Dollar will die chinesische Führung stemmen.
Unverhohlen betonte Chinas Finanzminister Lou Jiwei vergangene Woche zudem Pekings Führungsanspruch. Zwar beteuerte er, die neue Entwicklungsbank stehe jedem Land offen, auch Japan und den USA. Doch im nächsten Satz rutschte es aus ihm heraus, dass seine Regierung noch nicht „endgültig entschieden“ habe, wer von den bislang 27 interessierten Ländern tatsächlich am Gründungsprozess teilnehmen werde. Die Entscheidungshoheit soll also bei China liegen.
Unter den Ländern, die bislang eine Absichtserklärung für eine Beteiligung an der AIIB unterzeichnet haben, finden sich außer Japan und Vietnam sämtliche asiatische Staaten. Auch Australien zeigte Interesse, ließ sich von den USA aber zurückpfeifen. Die Financial Times berichtet, dass die australische Regierung ihre Haltung nun überdenke werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden