Innerarabische Gewalt in Israel: An Jaffas Promenade erschossen
Am Samstag ist ein arabischer Israeli am hellichten Tag getötet worden. Armee und Inlandsgeheimdienst wollen gegen illegalen Waffenbesitz vorgehen.
Jaffas Hafen ist ein beliebtes Ausflugsziel, durch ihn führt auch Boaz’ tägliche Joggingroute. Als der 38-jährige Abed Kasas jetzt dort erschossen wurde, hörte Boaz von zu Hause aus die Sirenen des Krankenwagens.
Zum Tathergang gibt es leicht divergierende Angaben, doch sie stimmen darin überein, dass an der Strandpromenade auf das Opfer geschossen wurde, dieses kurz darauf bewusstlos von Rettungskräften aus dem Wasser geholt wurde und im Krankenhaus verstarb.
Der unter anderem wegen Mordes vorbestrafte Kasas ist ein Opfer unter erschreckend vielen. Die Ausmaße der Gewalt innerhalb der arabischen Gesellschaft werden von Jahr zu Jahr blutiger. Allein in diesem Jahr stieg die Zahl der in einem kriminellen Akt getöteten arabischen Menschen auf 103.
Kritik an Vernachlässigung der arabischen Bevölkerung
Die Nichtregierungsorganisation Abraham-Initiativen, die sich für ein friedliches Zusammenleben zwischen jüdischen und palästinensischen Israelis einsetzt und mit dem Projekt „SichereCommunities“ zwischen arabischen Lokalpolitiker*innen und der Polizei vermittelt, macht für die Eskalation die jahrelange Vernachlässigung der arabischen Bevölkerung durch den Staat und die daraus folgende sozioökonomische Krise verantwortlich.
Demnach lebten fast zwei Drittel der arabischen Kinder unterhalb der Armutsgrenze, die Arbeitslosenquote unter arabischen Israelis sei extrem hoch. Auch unzureichende Polizeipräsenz in den arabischen Gemeinden trägt der NGO zufolge dazu bei.
Die neue israelische Regierung, die von dem rechten Hardliner Naftali Bennett geführt wird, an der aber auch die islamische Partei Ra’am beteiligt ist, will das Problem angehen. So sollen Israels Armee und der Inlandsgeheimdienst Shin Bet am Kampf beteiligt werden und etwa gegen illegalen Waffenbesitz vorgehen.
Mehr Befugnisse für Polizei und Inlandsgeheimdienst
70 Prozent der rund 400.000 illegal kursierenden Waffen sollen laut eines Berichts der Knesset aus Armee oder Polizei gestohlen worden sein. Laut Regierung soll die Polizei künftig auch ohne Durchsuchungsbefehl Wohnungen durchsuchen können.
Vor allem arabische Israelis sehen deswegen die Bürgerrechte in Gefahr. Der Geheimdienst könne etwa Verdächtige hindern, sich mit Anwälten zu treffen, und sie jahrelang ohne Anklage festhalten. Andere begrüßen angesichts der Dringlichkeit die Pläne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung