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Inlandsflüge beim nördlichen NachbarnDänen sollen „grün“ fliegen

Regierungschefin Frederiksen kündigt die Förderung „sauberer“ Treibstoffe an. Kritik folgt umgehend: Von falscher Prioritätensetzung ist die Rede.

Verquere Botschaft zum grünen Fliegen: Abflug in Kopenhagen, davor das Nationale Aquarium Foto: Jacob Schröter/imago

„Reisen ist Leben, und deshalb fliegen wir.“ Ausgerechnet ein Plädoyer für Flugreisen meinte Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen in ihre Neujahrsbotschaft packen zu müssen. Und weil sie sich ein Reisen, ohne zu fliegen, offenbar auch bei einer Entfernung von 150 km nicht vorstellen kann – das ist die Distanz zwischen Kopenhagen und Aarhus, der Inlandsflugstrecke mit dem höchsten Passagieraufkommen –, kündigte sie für 2025 die Einführung und spätestens ab 2030 die vollständige Umstellung auf „grüne“ Inlandsflüge an.

Die Flugbranche freute sich, die Regierungschefin konnte angesichts eines breiten Medienechos zufrieden sein. Vor allem löste ihre Ankündigung aber Fragen und Greenwashing-Vorwürfe aus. Klimaminister Dan Jørgensen dämpfte die Erwartungen und sprach von einem „weiten Weg“ und einem „schwierigen Sektor“.

Was Frederiksen mit „grün“ meinte, ist unklar. Weil elektrische Flugantriebe bis 2025 zwar für Kleinflugzeuge, aber nicht für Passagiermaschinen vorhanden sein werden, dachte sie vermutlich in erster Linie an aus Biomasse produzierten Flugtreibstoff. Den gibt’s zwar beispielsweise in Form von aus Mais oder anderen Energiepflanzen gewonnenem Ethanol als Beimischung, aber nicht in größeren Volumen.

Vor allem würden Treibstoffe vom Acker das Problem der Klimaschädlichkeit des Flugverkehrs nicht lösen. Der Klimarat der dänischen Regierung rechnete schon 2019 vor, dass es nicht ausreichend sei, aus Biomasse gewonnenen Treibstoff in die Tanks von Jetflugzeugen zu füllen: Auch damit würden in höheren Luftschichten Kondensstreifen erzeugt und es komme zum Ausstoß von Stickoxiden. Beides zusammen habe „ungefähr einen Treibhauseffekt in etwa der Größenordnung des CO2-Ausstoßes fossiler Treibstoffe“.

Anreiz zur Schiene

Und mit Hilfe des „Power-to-x“-Verfahrens produzierter Treibstoff, also über Elektrolyse gewonnener Wasserstoff aus erneuerbarer elektrischer Energie? Dass der in acht Jahren in ausreichender Menge zur Verfügung stehen könnte, halten dänische Medien für „sehr ehrgeizig“ bis „illusorisch“.

Warum also nicht einfach der Griff in den Werkzeugkasten der Steuern und Abgaben, den der dänische Klimarat Kopenhagen empfiehlt? Die meisten europäischen Länder haben Abgaben auf Flugtickets oder zumindest eine Mehrwertsteuerpflicht bei Inlandsflügen. Dänemark hat beides nicht. Und wenn deshalb zu manchen Zeiten die 40-minütige Flugreise zwischen Kopenhagen und Aarhus nicht viel mehr kostet als die knapp dreistündige mit der Bahn, ist das nicht unbedingt ein Anreiz, auf die Schiene zu wechseln.

Mehrere Klimaorganisationen forderten die dänische Regierung daher auf, ihre Anstrengungen statt auf Symbolpolitik lieber auf Maßnahmen zu konzentrieren, die wirkliche Klimaeffekte haben. Der Inlandsflugverkehr steht gerade einmal für 0,28 Prozent des dänischen CO2-Ausstoßes.

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