Inis zu Berliner Koalitionsvertrag: Berlin regieren, aber mit links
Mitregieren oder besser doch in die Opposition? Linke Gruppen diskutieren den rot-grün-roten Koalitionsvertrag.
Nach der 2G-plus-Kontrolle füllt sich der mit linken Transparenten geschmückte Saal mit etwa 60 Menschen. Kocak sitzt mittig auf dem Podium und neben ihm die Diskussionsteilnehmer:innen verschiedener linker Bewegungen: Paula Tigges vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund, Anna-Lena Füg von Fridays for Future, Maria Glänzel von der Krankenhausbewegung, die Antirassismus-Aktivistin Bafta Sarbo und Kilian Weißer von der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen sind da.
Tigges vom SDS betont, dass Mobilisierung und Organisation elementar für die Linkspartei seien – und dass das bekanntlich besser aus der Opposition heraus funktioniert. Glänzel von der Krankenhausbewegung stellt den massiven Mangel an Pflegekräften heraus, der sich in den letzten fünf Jahren unter Rot-Rot-Grün nicht verbessert hat. Füg von der Fridays-Bewegung sagt, dass es nicht ausreiche, mit E-Mobilität und Wasserstoff die Autos grün anzupinseln.
Auch die Antirassismusaktivistin Sarbo findet klare Worte zur Berliner Politik der letzten Jahre: „Das Umbenennen von Straßennamen ist lediglich Symbolpolitik. Wenn gleichzeitig beispielsweise durch die Erweiterung der Gefahrengebiete und mehr Videoüberwachung Racial Profiling begünstigt wird, ist das keine linke Politik.“
„Reine Verzögerungstaktik“
Eine Aufgabe für die kommende Koalition wird nun der Umgang mit dem Volksentscheid Deutsche Wohnen enteignen. Eine Mehrheit der Berliner:innen hatte am 26. September dafür gestimmt.
Die Linke hatte das Volksbegehren als einzige Partei klar unterstützt – doch im rot-grün-roten Koalitionsvertrag soll sich nun zunächst ein Arbeitskreis ein Jahr lang damit befassen, wie eine Umsetzung überhaupt aussehen könnte. „Das Verhalten der Regierung ist reine Verzögerungstaktik. Es soll so lange abgewartet werden, bis das Thema nicht mehr eine solche Schlagkraft hat“, kritisiert Weißer von der Initiative.
In der Gesprächsrunde mit dem Publikum sprechen sich die meisten gegen eine Regierungsbeteiligung der Linkspartei aus – nur ein junger Mann, der sich als FDP-Mitglied vorstellt, hält überraschend dagegen. Pointiert gekontert wird anschließend vom Podium.
Ergebnis am 17. Dezember
Am Ende greift die Aktivistin Sarbo eine Frage aus dem Publikum auf, ob eine Reformation oder Revolution im politischen Berlin notwendig sei. „Revolution?“, fragt sie, „die Forderungen von DW Enteignen oder das 1,5-Grad-Ziel der Klimabewegung sind nicht revolutionär, sondern das Minimum!“
Am Samstag wird der Koalitionsvertrag auch Thema auf einem Sonderparteitag der Berliner Linken sein. Die Auseinandersetzung dort zwischen dem Vorstand, der den Koalitionsvertrag mitverhandelt hat, und der Basis dürfte emotional werden: Die Abgeordnete Katalin Gennburg hatte in einem taz-Interview am Mittwoch bereits dazu aufgerufen, beim Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag mit „Nein“ zu stimmen. Der Entscheid beginnt am Freitag, das Ergebnis soll am 17. Dezember feststehen.
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