Inhaftierter US-Aktivist Mumia Abu Jamal: Wiederaufnahme abgelehnt
Der wegen Mordes verurteilte Journalist Mumia Abu Jamal bleibt in Haft. Bei einem neuen Prozess hätten entlastende Dokumente vorgelegt werden können.
In den USA hat Richterin Lucretia Clemons am vergangenen Freitag in Philadelphia den Antrag von Mumia Abu Jamal auf einen neuen Prozess abgelehnt. Der afroamerikanische Aktivist und Radiojournalist war im Sommer 1982 wegen angeblichen Mordes an einem Polizisten zum Tod verurteilt worden. Er hat die Tat immer bestritten.
Vor mehr als 25 Jahren sorgte eine weltweite Solidaritätsbewegung dafür, dass die Todesstrafe in eine lebenslängliche Haftstrafe umwandelt wurde. Seitdem streiten Jurist*innen, unterstützt von einer Solidaritätsbewegung für einen neuen Prozess, bei dem auch die entlastenden Dokumente vorgelegt werden sollen, die die Staatsanwaltschaft bei dem Prozess 1982 zurückgehalten hatte.
Erst im Jahr 2018 waren sie in einem Schrank des Gerichtsgebäudes von Philadelphia gefunden werden. Mit ihnen konnte nachgewiesen werden, dass bei der Auswahl der Geschworenen, die über die Schuld des Angeklagten befinden, gezielt Menschen mit schwarzer Hautfarbe ausgeschlossen wurden.
Darauf gründete sich jetzt der Antrag auf ein neues Verfahren. Jurist*innen in den USA bezeichnen die Ablehnung als rechtswidrig und verweisen auf zahlreiche Urteile, die in einer rassistischen Ablehnung von Geschworenen ebenso den Grund für die Wiederaufnahme eines Prozesses sahen wie in der Zurückhaltung von entlastenden Beweisstücken durch die Staatsanwaltschaft.
Polizeikritische Arbeit
Markus Matter vom Berliner Solidaritätsbündnis für Mumia bezeichnet es gegenüber der taz als bitter, dass dem mittlerweile schwerkranken 68-jährigen Journalisten weitere Lebensjahre in Freiheit entzogen werden.
Mumia Abu Jamal war vor seiner Verhaftung als Radiojournalist für seine polizei- und gesellschaftskritischen Beiträge in Philadelphia bekannt. Auch im Gefängnis verfasste er zahlreiche Kolumnen. Eine kleine Auswahl ist in dem kürzlich im Westend Verlag erschienenen Buch „Texte aus dem Todestrakt“ erstmals in deutscher Sprache dokumentiert. An seinem Geburtstag am 24. April wird es in Berlin eine Infoveranstaltung geben.
Im Nachwort beschreibt Mitherausgeber Michael Schiffmann, wie rechtskonservative Polizeiorganisationen in den USA immer wieder gegen ein neues Verfahren des als Polizistenmörder diffamierten Mumia Abu Jamal mobil gemacht hatten. Die Ablehnung eines neuen Verfahrens wurde in diesen Kreisen als Erfolg ihrer Lobbykampagne gefeiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter